Miroslav Lajčák hat am Donnerstag, nur wenige Stunden nach der Parlamentsabstimmung über den Migrationspakt, seinen Rücktritt eingereicht.

Foto: APA/AFP/EMMANUEL DUNAND

Peter Pellegrini hat wohl schon angenehmere Medientermine absolviert. Während seiner Pressekonferenz am Freitag jedenfalls fühlte sich der slowakische Premier sichtlich unwohl in seiner Haut. Anders als bei der türkis-blauen Regierung in Wien nämlich hat in Bratislava die Ablehnung des UN-Migrationspakts eine veritable Koalitionskrise ausgelöst. Nun versucht Pellegrini mit rhetorischen Balanceakten den Rückzug aus dem Pakt zu rechtfertigen – und gleichzeitig sein Team zusammenzuhalten.

Genau das erweist sich jedoch als politische Monsteraufgabe. Außenminister Miroslav Lajčák nämlich, der auch international als diplomatisches Schwergewicht gilt, hatte am Donnerstag, nur wenige Stunden nach der Parlamentsabstimmung über den Migrationspakt, seinen Rücktritt eingereicht.

Dass der Regierungschef, der selbst gegen den Pakt ist, Lajčák nun über den grünen Klee lobt und öffentlich zum Bleiben überreden will, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Immerhin hatte Lajčák, der als ehemaliger Vorsitzender der UN-Vollversammlung an der Konzeption des Dokuments maßgeblich beteiligt war, seinen Verbleib im Ministeramt bereits im Vorfeld von der Unterstützung des Pakts abhängig gemacht.

Der "ganze Kerl"

Wie ein "ganzer Kerl" habe Lajčák seine Ankündigung wahrgemacht, lobte Pellegrini. Dennoch solle er im Amt bleiben, der Migrationspakt dürfe für einen Spitzenmann wie ihn kein Grund zum Rücktritt sein. Und: Die Slowakei würde nur schwer adäquaten Ersatz für den international erfahrenen Lajčák finden, der zwar parteilos ist, aber von der sozialdemokratischen Partei Smer rund um Pellegrini und Expremier Robert Fico nominiert worden war.

Unterdessen mehren sich im Land Spekulationen über künftige Postenbesetzungen. Fico, so heißt es, könnte Ambitionen aufs Amt des Außenministers haben; Lajčák könnte 2019 bei der Präsidentschaftswahl antreten. Vor allem aber offenbart das Gezerre um den Migrationspakt die Spannungen in der Regierungskoalition: Die Smer und die Slowakische Nationalpartei SNS haben das Papier mehrheitlich abgelehnt – im Gegensatz zum dritten Koalitionspartner, der liberalen Most-Híd.

Slowakische Kommentatoren unken bereits, dass es eigentlich zwei Koalitionen gebe: eine formelle, die die alltäglichen Regierungsgeschäfte erledigt – und eine informelle, wo Smer und SNS bei Schlüsselthemen gemeinsame Sache mit Rechtsextremen machen.

Allerdings hat Premier Pellegrini am Freitag sein klares Bekenntnis zur EU-Mitgliedschaft des Landes erneuert: Die Slowakei fühle sich dem Kern Europas zugehörig, die Debatte um den Migrationspakt werde daran nichts ändern. Immerhin würden ja auch andere Länder das Dokument ablehnen – zum Beispiel Österreich. (Gerald Schubert, 30.11.2018)