Nicht nur für Theresa May beginnt eine entscheidenden Woche.

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Die Zeit bis zum 29. März, dem Datum des geplanten Brexits, wird knapp. Das merkt man dieser Tage vor allem an der zunehmenden Nervosität in London. Jüngster Aufreger: Die Sunday Times behauptete, die Regierung wolle die für Dienstag angesetzte Abstimmung im britischen Unterhaus über den mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag verschieben. Dadurch solle Premierministerin Theresa May mehr Zeit für weitere Gespräche in Brüssel gewinnen.

Die EU27 hatten zuletzt jedoch mehrfach zu verstehen gegeben, dass Nachverhandlungen mit dem Vereinigten Königreich nicht infrage kämen. Auch die Regierung in London bezeichnete die Nachricht über eine Verschiebung des Unterhausvotums als Spekulation: "Die Abstimmung ist am Dienstag", erklärte am Sonntag Brexit-Minister Stephen Barclay.

Beim Streuen ihres Gerüchts hatte die "Sunday Times" tief in die Kiste der kollektiven britischen Erinnerung gegriffen: May wolle beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag dieser Woche ihren ganz persönlichen "Handtaschenmoment" erleben und mit den Staats- und Regierungschefs der verbleibenden Mitgliedsländer neue Bedingungen für den Austritt aushandeln. Damit spielt das Blatt auf die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher an, die bei einem EU-Gipfel 1984 über einen höheren Beitragsrabatt für das Vereinigte Königreich verhandelte – und dabei mehrmals demonstrativ ihre Handtasche auf den Tisch stellte, ganz so, als wolle sie die Gespräche abbrechen.

Letzte Planspiele

Nach einem – als immer wahrscheinlicher geltenden – Nein des Unterhauses sind mehrere Varianten denkbar: ein neuerliches Votum im Parlament, ein ungeordneter EU-Austritt, Neuwahlen oder auch ein zweites Brexit-Referendum.

Mit einem Plan B ließ am Samstag auch Arbeitsministerin Amber Rudd aufhorchen. Sie sprach sich für das "Norwegen-Plus-Modell" aus: Norwegen ist Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum, das Vereinigte Königreich könnte darüber hinaus in einer Zollunion mit der EU bleiben.

Für Brexit-Hardliner dürfte aber gerade das kaum akzeptabel sein. Sie befürchten, dass dann vieles beim Alten bliebe, inklusive Personenfreizügigkeit. Und: London müsste EU-Regeln einhalten, ohne bei den Beschlüssen selbst mit am Tisch zu sitzen. (Gerald Schubert, 10.12.2018)