Nach EU-Erklärungen von Kanzler und Vizekanzler beschlossen die Abgeordneten das Pädagogikpaket, das unter anderem wieder Ziffernnoten für Volksschüler bringt.

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Wien – Der Nationalrat hat am Mittwoch die zweite Etappe seines vorweihnachtlichen Marathons abgewickelt. Nach EU-Erklärungen von Kanzler und Vizekanzler beschlossen die Abgeordneten das Pädagogikpaket, das unter anderem wieder Ziffernnoten für Volksschüler bringt. Auch die Erhöhung der Beamtengehälter, eine Nulllohnrunde für Politiker mit hohen Gehältern und die umstrittene neue Umweltverträglichkeitsprüfung für Großprojekte standen auf dem Programm.

Leistung muss sich lohnen

Nach dem morgendlichen Ministerrat betonte Kurz angesichts der wieder verpflichtenden Ziffernnoten an Volksschulen: Man mache Schluss mit "Versuchen und Herumdoktern". Die "linken bildungspolitischen Experimente der letzten Jahre" hätten das Schulsystem nicht weitergebracht, erklärte Strache.

Die Reform sei ein "sehr notwendiger Schritt" in Richtung verstärkter individueller Förderung, führte Kurz weiter aus. In den vergangenen Jahren habe es im Bildungsbereich viele Veränderungen gegeben, die allerdings zu Verwirrung geführt hätten – das beende man nun. Schüler brauchten Bewertung, Leistung solle sich lohnen, stimmte Strache zu. Es sei ja auch wichtig, dass sich die Eltern orientieren können.

Mit dem Paket werden an den Volksschulen ab dem zweiten Semester der zweiten Klasse wieder verpflichtend Ziffernnoten eingeführt – gleichzeitig wird aber in allen Klassen zumindest zusätzlich alternativ mit Kompetenzrastern beurteilt. Außerdem können Schüler grundsätzlich ab der zweiten Klasse wieder sitzenbleiben.

Bei der Opposition fiel das Pädagogikpaket durch. Vor allem die Wiedereinführung der Ziffernnoten und des Sitzenbleibens erhielt von SPÖ, Neos und Liste Jetzt ein klares Nicht genügend. Die ÖVP verteidigte die Vorhaben, die FPÖ sah das Ende einer linken Bildungspolitik.

"Parteipolitik auf dem Rücken der Kinder"

Zwar erkannte SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid auch positive Aspekte in dem Paket, etwa freiwilliges zehntes Schuljahr und verpflichtender Förderunterricht, der Rest sei jedoch "ein Rückschritt ins 20. Jahrhundert". "Was sagt Ihnen 'Befriedigend'? Nicht wirklich viel", meinte sie in Richtung Regierungsfraktionen zu den Ziffernnoten. Das Paket sei ideologische Parteipolitik auf dem Rücken der Kinder.

Die Neos machten die Bildungspolitik zum Thema einer dringlichen Anfrage an Ressortchef Heinz Faßmann (ÖVP). Ihnen missfällt etwa, dass es eine stark ausgeprägte Weisungs-und Misstrauenskultur gebe, die den Schulalltag bis ins kleinste Detail von oben mittels Gesetzen reglementiere. Das Ergebnis seien aufgeblähte Bürokratie und politische Interventionen. Den Neos missfällt außerdem, dass freie Schulen "brutal diskriminiert" würden. Sie wollen, dass die nichtkonfessionellen Schulen den konfessionellen gleichgestellt werden. Besonders innovative Schulleitungen und besonders engagierte Eltern würden von der Republik derzeit "abgestraft".

Faßmann sieht Türkis-Blau auf richtigem Bildungsweg

Faßmann sieht den türkis-blauen Weg für Schulen und Universitäten jedenfalls als adäquat an. In der Fragestunde des Nationalrats verteidigte er die Bildungsreform, Deutschförderklassen und den Masterplan Digitalisierung. Interesse aus der eigenen Partei gab es in der letzten Nationalratssitzung vor Weihnachten auch am Thema des Feierns traditioneller Feste in Schulen.

Auf einem "sehr sinnvollen Weg" sieht Faßmann die Regierung nicht nur durch das Bildungsreformgesetz. Neuerliche und wenig aufgeregte Kritik daran gab es erwartungsgemäß nur aus der Opposition. Unterstützung kam vom Koalitionspartner. So sind die Deutschförderklassen für FPÖ-Mann Gerald Hauser ein "bildungspolitischer Meilenstein aus freiheitlicher Sicht".

Balance halten will Faßmann zwischen "Hurra-Digitalisierung" und Ignorieren des technischen Fortschritt. Der türkis-blaue Masterplan solle mit Beginn des kommenden Jahres wahrscheinlich abgeschlossen sein. Bei der Ausstattung der Schulen mit der nötigen Infrastruktur – Stichwort WLAN – sei man "auf halbem Weg". Ohne Unterstützung durch das blaue Infrastrukturministerium werde es aber nicht gehen.

Kein Gesprächsbedarf mit Strache

Keinen Handlungsbedarf sieht der Bildungsminister auf Anfrage der Liste Jetzt bei Hasspostings gegen eine Schuldirektorin, mit losgetreten durch Strache. Der Frau war ein Verbot von Weihnachtsdekoration in den Gängen der Schule aus Brandschutzgründen vorgeworfen worden. Ein "Missverständnis", wie Faßmann betonte – immerhin gebe es einen Christbaum in der Aula. Ein Gespräch mit Strache gab es nicht. (APA, 12.12.2018)

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