Foto: Matthias Cremer
DER STANDARD

Wien – Tausende Demonstranten sind am Samstag anlässlich des 1. Jahrestags der Bildung der türkis-blauen Bundesregierung in Wien zusammengekommen, um gegen die Politik von ÖVP und FPÖ zu demonstrieren. Der "Bündnis heißer Herbst" startete am Nachmittag seinen Demonstrationszug, ab 18 Uhr war eine Abschlusskundgebung am Heldenplatz angesetzt. Nach vorläufiger Einschätzung der Polizei nahmen rund 17.000 Menschen an der Kundgebung teil. Der Demonstrationszug erstreckte sich über circa 1,5 Kilometer.

Foto: Matthias Cremer

Zum friedlichen Protest gegen "Rechtsruck, Rassismus und Sozialabbau" riefen linke und gewerkschaftliche Organisationen – unterstützt von SPÖ und Grünen – auf. Im Vorfeld waren bis zu 10.000 Teilnehmer erwartet worden, trotz winterlich kalter Temperaturen waren es offenbar deutlich mehr. Rund 500 Polizisten waren im Einsatz, um für Ordnung und Sicherheit zu sorgen.

"Anti-Basti" und Socken

"Ein Jahr nach der Regierungsangelobung von Schwarz-Blau gehen wir wieder auf die Straße, denn der Rechtsruck ist eine Gefahr für uns alle", hieß es seitens des Bündnisses. Die Demonstration startete um 14 Uhr in der Mariahilfer Straße beim Westbahnhof. Dort versammelten sich Teilnehmer mit Transparenten und Schildern, auf denen mit Parolen wie "Mindest-sichern, statt arm machen" gegen ein österreichisches Hartz IV oder mit den Worten "Anti-Basti, Anti-Strache, Anti-Kickl" gegen die Proponenten der Regierung protestiert wurde.

Foto: Matthias Cremer

Auch die inzwischen zu einiger Berühmtheit gelangten "Omas gegen Rechts" waren mit von der Partie, nicht weit entfernt von einer Gruppe, die unter der Botschaft "Eure Politik stinkt mehr als alte Socken" mit abgetragenen Socken gegen die Regierung Front machte. In der Menschenmenge war auch die eine oder andere getragene Gelbweste zu sehen, die es zuletzt vor allem in Frankreich zum zentralen Protest-Accessoir geschafft hat. Anders als in Paris blieb in Wien am Nachmittag aber alles friedlich und ruhig.

Vorübergehend Staus

Vom Broda-Platz setzte sich der Demonstrationszug über Gürtel, Burggasse und Wiener Ringstraße Richtung Heldenplatz in Bewegung, wo ab 18 Uhr die Abschlusskundgebung stattfand. Wegen des Aufmarschs kam es vorübergehend zu Behinderungen und Staus im Straßenverkehr, auch die eine oder andere Straßenbahn- und Buslinie war vorübergehend unterbrochen, Öffi-Benutzer mussten Verspätungen in Kauf nehmen.

Wenig Freude hat der Wiener Handel mit der Demo. "Der Ring wurde heuer mittlerweile zum 80. Mal gesperrt. Gut eine Woche vor Weihnachten kann man von einem Amazon-Förderungsprogramm sprechen", kritisierte Handelsverbandsgeschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung.

Nachdem die Umsatzprognosen im Handel wegen des warmen Herbstes sowohl für das Gesamtjahr 2018 als auch für das Weihnachtsgeschäft alles andere als rosig sind, treffe die am Samstag stattgefundene Demonstration in Wien den lokalen Handel besonders hart. Das Demonstrationsrecht sei wichtig und richtig, aber nicht in einer derart extensiven, geschäftsschädigenden Form auf Kosten mittelständischer Unternehmer, so der Vorwurf.

Empörung bei der FPÖ

Die Demonstration sorgte bei Vizekanzler Heinz-Christian Strache für Empörung. "Es ist eine riesen Sauerei, dass SPÖ und Grüne in Wien am dritten Weihnachtssamstag die Innenstadt lahm legen, Chaos und Staus erzeugen, dem Handel damit einen massiven Schaden zufügen und den Bürgern vor Weihnachten ihre Familienausflüge vermiesen!", twitterte der FPÖ-Chef am Samstag.

Wenig erfreut zeigte sich auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky in einer Aussendung: "Die gestrige linke Demo war demnach nur eine rot-grüne Sabotage des Weihnachtsgeschäftes, sowie auch der Weihnachtsatmosphäre." (red, APA, 15.12.2018)