In Japan, Indonesien, Taiwan, Südkorea sowie beim Sportartikelhersteller Nike gibt es den bezahlten "Menstrual leave" für Mitarbeiterinnen, also freie Tage während der Periode. In Italien wurde über einen entsprechenden Gesetzesentwurf kontrovers diskutiert. Auch die STANDARD-Redaktion ist sich uneinig, ob eine solche Regelung sinnvoll ist. Bernadette Redl aus dem Gesundheitsressort mit einem Pro, Lisa Breit aus dem Karriereressort mit einem Kontra.

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Für viele Frauen ist der Schmerz unerträglich, sich zu konzentrieren wird unmöglich.
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Pro: Das System muss sich ändern

von Bernadette Redl

Unerträgliche Schmerzen sind für manche Frauen während ihrer Periode Realität. Sie sind nicht imstande zu arbeiten, melden sich krank. Doch das ist der falsche Weg. Denn Menstruation ist keine Krankheit, sondern ein ganz normaler biologischer Vorgang. Dafür sollten weder Krankenstands-, und schon gar keine Urlaubstage drauf gehen. Geht es ums Kinderkriegen, sind Regelungen für Frauen – Karenz, Mutterschutz – selbstverständlich. So sollte es auch mit der Menstruation sein – denn ohne sie wäre Fortpflanzung ebenso wenig möglich.

Dass Männer und Frauen gleich sind, war lange ein Leitgedanke des Feminismus. Denn: Tatsächliche und erfundene Ungleichheiten haben zu Diskriminierung geführt. Nun wird wieder von Unterschieden gesprochen, zu recht.

Präventiv auf freie Tage während der Regel zu verzichten, aus Angst, Frauen könnten im Arbeitsleben noch stärker benachteiligt werden, ist die falsche Herangehensweise. Es sind nicht die Frauen, die sich ändern müssen, es ist das System. Frei haben wegen schmerzhafter Regelschmerzen ist fair – Frauen müssen das einfordern und mehr darüber sprechen, was in ihrem Leben relevant ist. Arbeitgeber haben jetzt die Chance, an der Enttabuisierung von Menstruation mitzuwirken. Die Regel ist kein Grund, sich zu schämen. Und dennoch: Am Ende entscheidet die Frau immer noch selbst, ob sie sich menstruationsfrei nehmen will. Es sollte aber zumindest die Option geben.

Kontra: Weniger Frauen werden eingestellt

von Lisa Breit

Frei haben, wenn der Bauch krampft und das Blut fließt: Das klingt schön – wird jedoch zu weiterer Benachteiligung in der Arbeitswelt führen. So traurig es ist: Wenn Frauen zusätzliche freie Tage zugestanden werden, und genau das ist der "Mentruationsurlaub", liefert das den Firmen leider ein weiteres Argument, weniger einzustellen. Warum eine Kandidatin auswählen, die möglicherweise 36 Tage im Jahr fehlt, wenn der Kandidat verlässlich da ist? Frauen könnten kollektiv als phasenweise nicht arbeitsfähig abgestempelt werden.

Fakt ist jedoch: Jede Frau empfindet Menstruation anders. Die einen spüren gar nichts. Bei anderen zwickt es im Bauch. Wieder andere haben so starke Schmerzen, dass sie sich nur mehr mit einer Wärmeflasche im Bett einrollen wollen. Das können sie, auch ohne Menstruationsurlaub. Wer sich nicht in der Lage fühlt zu arbeiten, bleibt zu Hause. Punkt aus. Laut Arbeitsrecht ist niemand verpflichtet, dem Arbeitgeber die Art der Schmerzen mitzuteilen. Beim Menstruationsurlaub muss sich die Frau ihre Probleme während der Regel ärztlich attestieren lassen.

Wie wenig ein solches Gesetz den Frauen deshalb bringt, zeigt sich in Japan: Dort werden die freien Tage offenbar kaum genutzt, obwohl es sie seit über 70 Jahren gibt. "Wenn man sie in Anspruch nimmt, posaunt man ja quasi im ganzen Büro heraus, an welchem Tag man seine Regel hat", sagt eine junge Frau zum Guardian. "Derweil ist das nicht gerade etwas, das man seine Kollegen wissen lassen möchte." Sehr nachvollziehbar.