Wer in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufgewachsen ist, der hatte zumindest aus einer Perspektive wirklich Glück. War dies doch die erste Generation, die mit Computern im privaten Umfeld Erfahrungen sammeln konnte. Die Ära des Heimcomputers war es, die den Grundstein für all das legte, was heute nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken ist – vom PC bis zum Smartphone. Dabei war es vor allem eine Firma, deren Geräte unter den Weihnachtsbäumen der Achtziger Jahre landeten: Commodore.

Der erste große Erfolg

Die erste Hälfte des Jahrzehnts war dabei vor allem von einem Heimcomputer gekennzeichnet: Dem Commodore 64 – kurz C64 genannt. Es war nicht der erste Versuch des ehemaligen Schreibmaschinen- und Taschenrechnerherstellers in diesem Geschäft Fuß zu fassen – zuvor hatte man dies schon mit dem VC-20 und dem Commodore PET versucht – , aber es war ganz klar der erfolgreichste. Anfang 1982 erstmals vorgestellt sollte der C-64 im Verlauf des folgenden Jahrzehnts zum erfolgreichsten Heimcomputer aller Zeiten werden. Schätzungen sprechen von einem Gesamtabsatz zwischen 12,5 und 17 Millionen Geräten.

Hardware

Ein Blick auf die Hardwarespezifikationen zeigt, wie weit sich die Computerwelt seit damals weiterentwickelt hat. Als Prozessor wurde ein MOS Technology 6510 verwendet, der (in Europa) mit 0,985 MHz getaktet war. Das Betriebssystem fand in einem fix verbauten ROM-Baustein mit 20 Kilobyte Platz, an Arbeitsspeicher standen gerade einmal 64 KB zur Verfügung. Zum Vergleich: Ein aktueller PC kommt üblicherweise mit 16 GB RAM – das ist das 250.000-fache.

Der C64 im unverwechselbaren "Brotkasten"-Design.
Foto: Evan Amos / Wikipedia / Public Domain

Festplatten gab es damals – zumindest im leistbaren Bereich – noch nicht. Beim C64 mussten Anwendungen und Spiele entsprechend bei jedem Neustart komplett von einem externen Datenträger geladen werden. In den frühen Jahren war das die "Datasette", ein Tonbandlaufwerk, das sich vor allem durch sehr, sehr lange Wartezeiten auszeichnete, wenn man einmal von einem Programm zum nächsten spulen musste. Später folgte dann ein 5 1/4 Zoll Diskettenlaufwerk, das deutlich flotter war – in der Produktion aber sogar teurer als der gesamte C64 gewesen sein soll.

Texteingabe

Doch auch die Software hatte mit dem, was man heute mit einem Computer verbindet wenig zu tun. Die Steuerung erfolgte über Texteingaben im Commodore BASIC – also über einfache Programmierbefehle. So konnte etwa das Verzeichnis eines Datenträgers mit LOAD "$",8 abgefragt werden, das erste Programm in dieser Liste wurde mit LOAD "*",8,1 gestartet. Der Anhang ",1" sorgte übrigens dafür, dass auch in Maschinensprache verfasste Programme korrekt im Speicher platziert wurden. All dies klingt für heutige Verhältnisse extrem umständlich, hatte aber auch so seine Vorzüge. Immerhin bekamen C-64-Besitzer so unweigerlich Kontakt mit der Welt des Programmierens, etwas von dem viele davon in den kommenden Jahrzehnten profitieren sollten.

The 8-Bit Guy

Wer aus dem C64 das Maximum herausholen wollte, der musste schon einige Tricks aus dem Ärmel schütteln. Die Begrenzungen der Hardware machten die Entwicklung grafisch halbwegs ansprechender Spiele zu einer echten Herausforderung. Die maximale Bildschirmauflösung betrug 320 x 200 Pixel – und dies in gerade einmal 16 Farben. Ein Spezialchip namens SID sorgte für den unverkennbaren Sound, der heute noch gerne für Musikstücke gesampelt wird.

Im deutschsprachigen Raum wurde der C64 – durchaus liebevoll – als "Brotkasten" bezeichnet. Dies geht auf seine eigentümliche Form zurück, die zwar ergonomisch nicht gerade optimal war, aber Tastatur und Computer in einem Gehäuse verband.

Und dann kam der Amiga

Von dieser Basis ausgehend, stellte Commodores nächster Heimcomputer einen riesigen Fortschritt dar. Hier gab es nicht nur eine grafisch Oberfläche namens Workbench, der Amiga war auch der erste halbwegs leistbare Computer, der echtes Multitasking beherrschte – also die parallele Ausführung mehrere Programme. Diese wurden dabei auf verschiedenen grafischen Ebenen hintereinander angeordnet. Dank eigener Spezialchips war es möglich ein Programm einfach mit dem Mauszeiger nach unten zu ziehen, um dahinter das nächste zu offenbaren. Ein beeindruckender Effekt, der nie seine Wirkung verfehlte, wenn man mit dem eigenen Amiga angeben wollte.

Eine spätere Ausführung des Amigas: Der Amiga 1200 bot bessere Grafik und war auch deutlich schneller als sein Vorgänger.
Foto: Proschofsky / STANDARD
Eines der selteneren Amiga-Geräte: Das CDTV war der Versuch eine Mischung aus CD-Player und Game-Konsole zu etablieren. Die Innereien ähnelte einem Amiga 500 stark.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Wettstreit

Dass all dies überhaupt unter der Marke Commodore verkauft wurde, ist einem entscheidenden Fehler der Konkurrenz zu verdanken. Commodore-Gründer Jack Tramiel hatte das Unternehmen Anfang 1984 im Streit verlassen, um nur wenige Monate später Atari zu kaufen. Dort investierte er umgehend in einen neuen Hardwarehersteller, der Anfang des Jahre im Rahmen der CES für einige Aufregung sorgte: Die Firma Amiga Inc. Tramiel hoffte dadurch billig an deren Hardware zu kommen, war das Unternehmen doch hochverschuldet. Doch in letzter Minute mischte sich Commodore ein, zahlte die Schulden aus und schnappte Atari so den Amiga vor der Nase weg.

Was der Amiga 1000 konnte war für damalige Zeiten – zumindest in diesem Preissegment – geradezu revolutionär. Eine Bildschirmauflösung von bis zu 640 x 512 Pixel (ohne Flimmern: 640 x 256) bei maximal 4.096 Farben, ein Motorola 68000 Prozessor mit 7,09 MHz, 512 KB RAM sowie zahlreiche Spezialchips boten grafische Möglichkeiten, von denen man am C64 nur träumen konnte. Und auch der Soundchip mit seinen vier Hardware-gemischten 8-Bit-Kanäle mit einer Auflösung von bis zu 28 kHz ermöglichte wahrlich beeindruckendes. Programme wurden hier über das eingebaute 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk geladen, ein einzelner Datenträger konnte bis zu 880 KB fassen.

Amiga 500

Der Amiga 1000 mag zwar den Grundstein für die Amiga-Familie gelegt haben, der Bestseller folgte aber erst zwei Jahre später – also im Jahr 1987 – mit dem Amiga 500. Dieser drückte den Preis des Amiga erheblich und führte dazu, dass er zunehmend dem C64 den Rang als Bestseller von Commodore ablief. Parallel dazu wurde auch ein Amiga 2000 genanntes Modell vorgestellt, das man mit seinen zahlreichen Erweiterungsmöglichkeiten eher für den Profibereich gedacht war. In späteren Jahren folgten dann noch mit Amiga 1200 und 4000 neue Hardwaregenerationen, die vor allem mit schnelleren Prozessoren und erneuerten Spezialchips punkten konnten. Zu diesem Zeitpunkt war Commodore aber bereits dank strategischer Fehlentscheidungen – nicht zuletzt im PC-Geschäft – ins Schlingern gekommen, das Ende der Originalfirma folgte dann 1994.

Der zentrale Datenträger für den Amiga: Disketten im 3,5-Zoll-Format
Foto: Proschofsky / STANDARD
Entgegen anderslautender Gerüchte gab es für den Amiga auch Originalspiele zu kaufen.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Spiele,Spiele, Spiele.

Auch wenn die Ära der Heimcomputer längst nicht nur von Spielen bestimmt war, so sind sie es doch, die über die Jahrzehnte den stärksten Eindruck hinterlassen haben. Entsprechend im Folgenden noch eine komplett subjektive Auswahl einiger der besten Spiele für C64 und Amiga – Ergänzungen bitte einfach im Forum posten. Vieles davon lässt sich heute problemlos über Emulatoren nacherleben, das richtige Retro-Feeling kommt aber natürlich nur mit der Original-Hardware samt passendem Joystick auf – so man denn Zugriff auf so etwas bekommen kann.

C64 Games

"Destroy him my robots": Die Aufforderung des bösen Professor Elvin war eines der ersten Sprachsamples, das je in Heimcomputerspielen verwendet wurde. Doch auch sonst konnte das 1984 erschienene "Impossible Mission" mit einem fesselnden Gameplay aufwarten – und zählte so zu den frühen Highlights am C64.

DerSchmu

Paradroid (1985)

Sowohl spielerisch als auch technisch zählte Paradroid zu den besten Spielen seiner Zeit. Dabei galt es einen anfänglich ziemlich schwachen Roboter durch zahlreiche Levels zu manövrieren und diese in einem eigenen Minispiel zu übernehmen. Programmiert wurde das Ganze von einer der wahren Videospiellegenden der Achtziger-Jahre: Andrew Braybrook zeichnete später auch für den Shooter Uridium oder das Jump & Run Fire and Ice verantwortlich.

DerSchmu

Elite (1985)

Wer sich in den Achtzigern in den unendlichen Weiten des Weltalls verlieren wollte, war mit Elite bestens bedient. Ursprünglich für den BBC Micro entwickelt, fand es in hiesigen Breitengraden vor allem durch die C64-Portierung Verbreitung.

DerSchmu

Winter Games (1985)

Die Sportspiele von Epyx erfreuten sich – nicht nur – am C64 großer Popularität. Vom ersten Summer Games bis zu World und California Games gab es zahlreiche Einträge in diese Reihe. Den Höhepunkt erreichte der Hersteller aber wohl mit Winter Games, wo es bei Biathlon oder Bobfahren zur Sache ging. Für den Nachwuchs der Achtziger Jahre war diese Form des Sports eine äußerst erfreuliche Sache, spielten hier doch erstmals körperliche Voraussetzungen keine Rolle mehr. Dies nutzen jüngere Geschwister geschickt, um ihre familiären Widersacher bei solche Spielen zu übertrumpfen – im persönlichen Umfeld des Autors war dies gar immer so.

William Hunter

Great Gianna Sisters (1987)

Aus mehreren Gründen eine Legende ist das Spiel "Great Gianna Sisters". Da wäre etwa der Umstand, dass wohl kaum ein anderes Spiel je sein Gameplay so unverschämt gestohlen hat – das Spiel war praktisch ein direkte Kopie von "Super Mario Bros". Dies führte dazu, dass der Verkauf praktisch umgehend gerichtlich unterbunden wurde. Mittels Raubkopien fand es aber trotzdem eine große Verbreitung. Und ein ziemlich gutes Spiel war es ohnehin – was man so hört.

DerSchmu

Pirates! (1987)

In der Computerspielgeschichte hat sich Pirates! als eines der populärsten Open-World-Games der Heimcomputergeneration einen fixen Eintrag gesichert. Das Strategiespiel wurde übrigens von Sid Meier entwickelt, der der Computerwelt ein paar Jahre später die Civilization-Reihe offenbaren sollte, die bis heute immer weitere Fortsetzungen gefunden hat.

Major Thriftwood

Turrican (1990)

Ein Paradebeispiel für die These, dass die technisch besten Spiele für eine Plattform oft erst gegen deren Lebensende erscheinen, liefert Turrican ab. Der Shooter zeigte bei seinem Erscheinen 1990, was noch so alles aus der ganz schön alt gewordenen Hardware des C64 herauszuholen war. Der Soundtrack von Chris Huelsbeck tat sein übriges.

DerSchmu

Amiga-Games

Zugegeben: Das 1986 erschienene Defender of the Crown mag jetzt spielerisch nicht gerade das anspruchsvollste Game der Geschichte sein. Genaugenommen war es eigentlich mehr ein Grafikdemo, das erstmals verdeutlichte, was sich aus dem Amiga so alles herausholen ließ.

runsame

Speedball 2 (1990)

Ein ziemlich gewalttätiges Sportspiel im Cyberpunk-Spiel: So lässt sich das von den britischen Bitmap Brothers entwickelte Speedball 2 umschreiben. Das tat dem Spielspaß aber natürlich keinen Abbruch – ganz im Gegenteil.

Al82: Retrogaming & Computing

Alien Breed (1991)

Die Entwickler von Team 17 haben sich unter Amiga-Fans einen geradezu legendären Ruf erarbeitet. Von Project-X über Superfrog bis zur Alien-Breed-Reihe lieferten sie einige der besten Spiele für den Commodore-Computer.

World of Longplays

The Secret of Monkey Island (1991)

Keine Bestenliste darf je ohne Monkey Island und dessen Nachfolger Monkey Island II von Lucasarts auskommen. Das Point-and-Click-Adventure überzeugte vor allem durch seinen einmaligen Humor. Andere Hersteller konnten hier nur selten mithalten, wenn man einmal von Ausnahmen wie dem nicht minder hervorragenden Simon the Sorcerer (1993) absieht.

World of Longplays

Lemmings (1991)

Ein Spiel, dem sogar eine eigene Statue gewidmet ist, das kann nicht so schlecht gewesen sein. Lemmings entwickelte bei seiner ersten Veröffentlichung einen gehörigen Suchtfaktor, was folgte war eine schier endlose Reihe an mal mehr, mal weniger gelungenen Nachfolgern.

Kleiner geschichtlicher Exkurs am Rande: Vertrieben wurde Lemmings von Psygnosis, das mit Shadow of the Beast und anderen Games schon zuvor einen großen Bekanntheitsgrad unter Amiga-Nutzern erreicht hatte. Bereits 1993 wurde die Firma dann von Sony gekauft, um als Studio Liverpool Spiele für dessen neue Konsole zu entwickeln – die erste Playstation. Das Ergebnis war die Wipeout-Reihe.

Noch spannender ist aber die weitere Geschichte des eigentlichen Entwicklerteams: DMA Design sorgte nämlich ein paar Jahre später mit einem ganz anderen Spiel für Aufsehen: Grand Theft Auto. Im Jahr 2002 erfolgte dann der Kauf durch Rockstar und die Umbenennung von DMA Design in Rockstar North.

Amigamers T.V.

Sensible Soccer (1992)

Man mag es angesichts der mittlerweile schier endlosen Zahl an FIFA-Teilen gar nicht glauben: Aber es tatsächlich auch vor dieser Zeit Fußballspiele am Computer. Ein besonders gelungenes Beispiel hierfür war Sensible Soccer, dessen Fans damals nicht minder enthusiastisch um den Sieg gekämpft haben.

LemonTubeAmiga

Worms (1995)

Ähnlich wie Lemmings hat auch die Worms-Reihe eine schier endlose Zahl an Nachfolgern ausgelöst. An den simplen Charme der ersten Version ist von diesen aber kaum einer mehr herangekommen.

World of Longplays

(Andreas Proschofsky, 25.12.2018)