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Supersaubere Autos, der Weg dahin ist noch weit.

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Autos sollen sauberer werden – zumindest in Bezug auf ihren Ausstoß von Kohlendioxid. Die auf EU-Ebene vereinbarte Reduktion um 37,5 Prozent bis 2030 wird höchst unterschiedlich kommentiert. Klimaschützer halten den Plan für zu wenig ambitioniert, die Autoindustrie hält das Ziel für unrealistisch. Jedenfalls gilt die Regelung als zusätzlicher Anschub für die Elektromobilität. Vorausgesetzt, die Hersteller nutzen neue Schlupflöcher der neuen Bestimmungen.

Frage: Was wurde eigentlich beschlossen?

Antwort: Autohersteller sollen den CO2-Ausstoß von Neuwagen bis zum Jahr 2030 im Durchschnitt um 37,5 Prozent verringern. Diese Vorgabe gilt für die gesamte Flotte eines Herstellers. Bei leichten Nutzfahrzeugen hat sich der Trilog aus EU-Rat, Europaparlament und EU-Kommission auf eine Reduktion von 31 Prozent geeinigt. Damit werden geltende Bestimmungen fortgeschrieben und verschärft. Geltendes Recht ist, dass Pkws bis 2021 einen durchschnittlichen Ausstoß von maximal 95 Gramm pro Kilometer haben sollen.

Frage: Auf welchen Wert sollen die Emissionen sinken?

Antwort: Hier kommt es schon zum ersten Problem bei der Neuregelung. Es wird festgelegt, dass die 37,5-Prozent-Reduktion vom Wert des Jahres 2021 gemessen erfolgen soll. Verfehlen die Hersteller das alte Ziel in drei Jahren, setzt sich das fort. Zwar wurden empfindliche Strafen beschlossen, wenn der Ausstoß 2021 über dem Grenzwert liegt. Doch die Autobauer könnten das in Kauf nehmen, um eine für sie günstigere Ausgangsbasis zu erhalten, meint Bernhard Wiesinger vom Autofahrerklub ÖAMTC. "Es gibt jetzt einen Anreiz, die Werte zu überschreiten."

Frage: Wie kam es zu der Einigung auf 37,5 Prozent?

Antwort: Die EU-Kommission hatte ursprünglich eine CO2-Reduktion von 30 Prozent bis zum Jahr 2030 vorgeschlagen, das EU-Parlament forderte hingegen eine Reduktion von 40 Prozent. Die Mitgliedsstaaten hatten sich unter dem österreichischen Ratsvorsitz auf 35 Prozent geeinigt. Wie der STANDARD berichtete, wären seitens der Mitgliedsstaaten wohl auch 40 Prozent möglich gewesen, hätte Österreich rechtzeitig für den Wert gestimmt – und damit eine qualifizierte Mehrheit ermöglicht. Heute spricht Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) von einer "extrem ambitionierten" Einigung und einem "historischen Schritt für den Klimaschutz".

Frage: Welche Auswirkungen hat der Verkehr auf die Umwelt?

Antwort: Der Verkehrssektor ist in Österreich für 28,8 der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Etwas weniger als ein Drittel davon entfällt auf den Straßengüterverkehr, zwei Drittel auf den Personenverkehr. In der EU-28 macht der Verkehrssektor rund ein Viertel der Emissionen aus, nicht zuletzt weil der Anteil erneuerbarer Energie hierzulande größer ist.

Frage: Wie trifft die Regelung die Autobauer?

Antwort: Sie haben großteils ablehnend reagiert. Die Hersteller können die CO2-Absenkung nur schaffen, wenn sie den Anteil der Elektroautos oder Plug-in-Hybride massiv erhöhen. Für sie gibt es nach den künftigen Bestimmungen einen Sonderbonus. VW spricht nun von einer Anhebung der E-Auto-Quote bis 2030 auf 40 Prozent. Noch stärker betroffen sind die Hersteller großer Pkws. Bernhard Geringer, Professor am Institut für Fahrzeugantriebe an der TU Wien, nennt Hersteller wie Daimler, BMW und Landrover als Verlierer der Regelung.

Frage: Schadet sich Europa?

Antwort: Dem umweltpolitischen Fortschritt stehen mögliche industrielle Nachteile gegenüber. Geringer unterstreicht, dass die Batteriezellentechnologie – das Herz der E-Mobilität – großteils in Asien zu Hause sei. "Da begibt sich Europa in eine strategisch ungünstige Lage", sagt Geringer zum STANDARD. "Die Wertschöpfung wird massiv verlagert." Auch die Sicherheit in Krisen komme abhanden, befürchtet der Experte.

Frage: Was bedeutet das für Konsumenten?

Antwort: Wollen die Autokonzerne mehr E-Autos oder Plug-ins absetzen, könnten sie das auch preislich steuern. "Herkömmliche Antriebe werden dann künstlich verteuert, um das Kaufinteresse zu E-Autos umzulenken", erklärt ÖAMTC-Mann Wiesinger. Die Marktverzerrung ginge dann auf Kosten der Konsumenten.

Frage: Was sagen Experten und Umweltorganisationen?

Antwort: "Es ist ein begrüßenswerter Schritt", sagt Klimaexpertin Claudia Kettner vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Für das Ziel der EU, Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren, sei die geplante Reduktion aber nicht ausreichend. Der Ausstoß des Pkw-Altbestands werde in dem Plan etwa nicht berücksichtigt. Ebenso wenig die Pkw-Kilometer im Personenverkehr, die in Österreich seit 1990 um zwei Drittel gestiegen sind: "Es braucht ein umfassenderes Konzept", so Kettner. Auch die Umweltschutzorganisation Global 2000 nannte den Kompromiss "zu ambitionslos". Nach Angaben der NGO wäre eine Reduktion von mindestens 70 Prozent notwendig, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Professor Geringer hat einen anderen Einwand. Die EU berücksichtige den aus fossilen Energieträgern gewonnen Stromanteil der E-Mobilität nicht. Das sei angesichts der CO2-Intensität von aus Kohle gewonnener Elektrizität "unsinnig". (Laufer, Schnauder, 18.12.2018)