US-Präsident Donald Trump hatte bereits während seines Wahlkampfs versprochen, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, wenn der "Islamische Staat" besiegt sei.

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Eine Nahost-Konferenz im Spätherbst 2018: Die Experten sind sich ziemlich einig, dass das militärische Engagement der USA in Syrien eher stärker als schwächer wird. US-Präsident Donald Trump hat sich mit Generälen umgeben und mit James Jeffrey einen Sonderbeauftragten für Syrien ernannt, der als starker Vertreter einer US-Präsenz dort gilt. Die USA werden also in absehbarer Zeit nicht abziehen.

So sieht es auch noch vor wenigen Tagen aus, als US-Generalstabschef Joseph Dunford in Washington davon spricht, dass die USA in Nordostsyrien eine "Border Security Force" von bis zu 40.000 lokalen Milizionären aufzustellen planen. Dazu braucht man mehr US-Soldaten und anderes US-Personal in Syrien und nicht weniger.

Und dann wacht Donald Trump eines Morgens auf, und alles ist anders – wobei er ja tatsächlich schon während seines Wahlkampfs versprochen hatte, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, wenn der "Islamische Staat" besiegt sei. Dieser Sieg wurde vor einem Jahr verkündet, allerdings mit der Einschränkung, dass noch IS-Reste vorhanden seien und ihre Konsolidierung nicht ausgeschlossen sei. Diese Befürchtung bestand völlig zu Recht: Alle Beobachter sind sich einig, dass der IS in Syrien und im Irak so aktiv ist wie lange nicht.

Strategische Aufstellung

Trumps Generäle ringen die Hände – und mit ihnen einige US-Partner im Nahen Osten. Dabei geht es natürlich nicht nur um den IS, sondern um die zukünftige strategische Aufstellung der USA im Nahen Osten. Es geht um den wachsenden russischen Einfluss in der Region – in Syrien kann er nicht mehr größer werden –, es geht um die iranische Präsenz in Syrien, die Israel und Saudi-Arabien beunruhigt. Es geht darum, dass sich die USA in einem Moment verabschieden, in dem die Weichen für die Nachkriegsordnung in Syrien gestellt werden.

Neben Russland und dem Iran gehört die Türkei zu den Gewinnern: Präsident Tayyip Erdoğan hat in Zukunft in Nordostsyrien freie Hand. Er bekommt in Nordostsyrien die strategische Tiefe für die Türkei, die er seit Jahren verlangt.

Wie eine heiße Kartoffel

Er wird dort gegen alles agieren, was er als PKK-nahe identifiziert, vor allem natürlich gegen genau jene syrisch-kurdischen YPG-Milizen, das Rückgrat der von den USA aufgestellten "Syrischen Demokratischen Kräfte", die als lokale Bodentruppen gegen den IS dienten. Falls der – zumindest verbal – große Dealer Trump nicht Garantien ausgehandelt hat, kann man sagen, dass die USA die Kurden wie eine heiße Kartoffel fallenlassen.

Und diese Botschaft wird auch andere Trump-Partner in der Region interessieren, die bisher dessen Vorgänger Barack Obama für den Gipfel der Unzuverlässigkeit gehalten haben. (Gudrun Harrer, 20.12.2018)