Die Behörden schließen einen terroristischen Hintergrund aus.

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Auch ein Polizeihubschrauber war im Einsatz.

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Wien – "Im ersten Moment dachte ich, dass jemand Feuerwerkskörper gezündet hat", sagt Vladimir Vodo, ein russischsprachiger Litauer, der Ohrenzeuge der Schießerei in der Wiener Innenstadt wurde. "Fünf bis zehn Schüsse" habe der 57-jährige Journalist gehört, als in der "Figlmüller-Passage" zwischen der Wollzeile und der Bäckerstraße am Freitagnachmittag ein Mann starb und ein zweiter lebensgefährlich verletzt wurde.

"Die Leute liefen alle weg", erzählt Vodo, "ich bin hingegangen und habe einen dritten Mann gesehen, der in einer slawischen Sprache 'Bruder, Bruder' zum Verletzten sagte." Den Schützen selbst habe er aber nicht gesehen, erklärt der Litauer.

ORF-Reporter Lukas Lattinger meldet sich aus der Wiener Innenstadt und spricht mit Daniel Fürst, dem Pressesprecher der Wiener Polizei über die Hintergründe der Schießerei.
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Gegen 13.30 Uhr wurde die Exekutive alarmiert, sagt Polizeisprecher Daniel Fürst. "Einen terroristischen Hintergrund können wir nach derzeitigem Wissenstand ausschließen", erklärt Fürst gegen 15 Uhr Journalisten. Vielmehr gehe man von einer gezielten Straftat aus. Die genauen Hintergründe blieben vorerst unklar – im Gegensatz zur Identität der Opfer, die die Polizei aber aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgab. Serbische Medien berichteten, die Opfer seien Mitglieder eines montenegrinischen Mafiaclans – eine Bestätigung oder ein Dementi gab aber es nicht.

"Einige Zeugen haben geschildert, dass der Täter mit einem Fahrzeug geflüchtet ist", so Fürst, die Polizei startete eine Großfahndung, bei der auch ein Hubschrauber eingesetzt worden ist – vorerst ergebnislos.

Die Aussagen der Zeugen waren allerdings widersprüchlich. Eine Frau will zwei Bewaffnete gesehen haben, die Polizei geht aber von lediglich einem Täter aus. Es habe mehrere Anhaltungen und Identitätsfeststellungen gegeben, ein Verdächtiger wurde dabei aber nicht gefasst, erläutert Fürst.

Weiträumige Sperre

Touristen und Last-Minute-Weihnachtseinkäufer mussten weite Umwege machen: Das Geviert zwischen Schulerstraße, Postgasse, Sonnenfelsgasse und Rotenturmstraße blieb Polizei und Rettungskräften vorbehalten, Beamte der Bereitschaftseinheit in schusssicheren Westen und Schutzhelmen standen an den Absperrungen rund um den Tatort Wache.

Beim Punschstand am Lugeck sagt das Personal, nichts von den Schüssen gehört zu haben, erst durch die in Panik flüchtenden Passanten sei man auf den Vorfall aufmerksam geworden. Eine junge Frau, deren Make-up von Tränen verschmiert ist, war eine dieser Passantinnen.

Den Ratschlag, sich an die Rettung zu wenden und betreuen zu lassen, lehnt sie schluchzend ab. Ihr Begleiter verrät, warum sie so mitgenommen ist: Die Frau war auch Augenzeugin des Terroranschlages in Nizza, als 2016 ein Attentäter mit einem Lkw 86 Menschen tötete. (Michael Möseneder, 21.12.2018)