Neue Regulierungen wie Solvency II erschweren derzeit die Bankengeschäfte vieler österreichischer Geldinstitute. Der Negativzins belastet generell alle Geschäftsbanken im Euroraum. Im Hinblick auf die Höhe der Erträge hinkten die europäischen Banken im Geschäftsjahr 2018 den USA hinterher. Mit der unterschiedlichen Finanzpolitik in der Zeit nach der Finanzkrise lässt sich diese Situation nicht schlüssig erklären. Die Finanzkrise von 2008 wurde von den US-amerikanischen und europäischen Banken scheinbar längst hinter sich gelassen. Das Bankensystem steht offiziell in beiden Wirtschaftsräumen inzwischen wieder auf einer stabilen Basis. In puncto Profitabilität und Ertrag sind jedoch nur die US-Banken in einer guten Verfassung, während der Euroraum deutlich schwächer dasteht.

In diesem Zusammenhang wird häufig zu wenig beachtet, dass der Euroraum nach der Überwindung der Wirtschaftskrise aufgrund wirtschaftlicher Auswirkungen der Staatsschuldenkrise mit einer neuerlichen Rezession zu kämpfen hatte. Die dadurch bedingte Doppelrezession ist der Hauptgrund für das siebenjährige Wirtschaftstief in den Euro-Ländern. Die reale Wirtschaftsleistung erreichte erst in den vergangenen Jahren ein ähnliches Niveau wie vor Ausbruch der Finanzkrise. In den USA befand sich das reale BIP schon nach drei Jahren wieder auf Vorkrisenniveau. Durch gezieltes Sponsoring und andere Aktivitäten gelang es Österreichs Banken, ihre Medienpräsenz zu erhöhen und die Geldinstitute in der Wahrnehmung der Verbraucher in einen positiven Kontext zu rücken.

Doch all diese Entwicklungen sind nur oberflächliche Beruhigungen, denn im Kern ist das traditionelle Bankensystem (unter anderem durch die Banker selbst) ruinös aufgestellt. Zukunftssicherheit ist ein müder Traum.

Ausgangssituation: Gewinne durch anhaltende Niedrigzinsen belastet

Im benachbarten Deutschland rechnen kleine Geldinstitute und Sparkassen derzeit mit einer anhaltenden Durststrecke. Diese Einschätzung ging aus einer gemeinsamen Untersuchung der deutschen Bundesbank und der Finanzaufsicht BaFin hervor. Das anhaltend niedrige Zinsniveau bereitet demnach nicht mehr nur den Bausparkassen und Lebensversicherern Probleme, sondern macht sich in den Bilanzen der klassischen Bankenbranche bemerkbar. Davon sind vor allem Geldinstitute mit einem Geschäftsmodell, das auf Fristentransformation und Zinserträgen basiert, betroffen. Für diese Dienstleister wird es zunehmend schwerer, langfristig lohnende Erträge zu erwirtschaften.

Niedrigzinsen belasten Banken und Sparer, aber können in Ausnahmefällen auch wie bei der ÖBB zu Wachstum führen. Für die Geldinstitute wirken sich die Folgen der Niedrigzinspolitik erst nach einem längeren Zeitraum aus. In einer von der EZB veröffentlichten Studie hieß es, dass mit negativen Folgen für die Ertragskraft der Banken gerechnet werden muss, wenn die Zinsen von der Notenbank lange niedrig gehalten werden. Die Minizinsen machen den Banken vor allem im Kreditgeschäft zu schaffen. Aufgrund der großen Zinsunterschiede auf dem Markt, die bei Kreditbeträgen von mehr als 10.000 Euro und einer mehrjährigen Laufzeit Preisunterschiede von mehreren hundert Euro betragen können, tätigen selbst Banker ihre Kreditabschlüsse immer häufiger auf Online-Portalen, mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz oder durch die angebliche Wunderwaffe Outsourcing. Das eigentlich wichtige bei solchen Prozessen ist aber schnellere Ausführung und aufgrund der personalarmen Unternehmensstruktur meist geringere oder ganz entfallende Bearbeitungsgebühren.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Vor dem Hintergrund andauernder Niedrigzinsen stellt sich die Frage, wie ein Geschäftsmodell beschaffen sein muss in einer Finanzwelt, in der klassische Zinserträge zukünftig nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Vom Niedrigzinsniveau sind in Österreich hauptsächlich Geldinstitute mit breiter Kundschaft im Kredit- und Einlagengeschäft betroffen. Finanzexperten wiesen darauf hin, dass mittlerweile über 50 Prozent aller Banken im Euroraum erhöhte Zinsänderungsrisiken aufweisen. Aufgrund des Niedrigzinsniveaus sehen sich viele Lebensversicherer gezwungen, zunehmend in riskante Vermögenswerte zu investieren.

Österreichische Fintechs auf Expansionskurs

Finanzexperten beobachten seit geraumer Zeit, dass immer größere Teile der globalen Finanzgeschäfte abseits der klassischen Banken abgewickelt werden. Fintechs werden am Kapitalmarkt hoch gehandelt. Die Start-ups sollen das klassische Bankengeschäft durch innovative Technologien revolutionieren. Neben Möglichkeiten für Investments bieten Fintech-Unternehmen und Privatanlegern auch Unterstützung bei der Erstellung eines Portfolios. Viele Banken kämpfen deshalb mit der Fintech-Konkurrenz.

In Österreich haben Fintech-Start-ups wie Conda (welches kürzlich vom Investor Startup 300 übernommen wurde), Finnest, Number26 (inzwischen N26 mit Sitz in Berlin) und Wikifolio diesen Trend erkannt.

Die Smartphone-Bank N26 hatte im Oktober 2018 bereits 1,5 Millionen Kunden und intensiviert derzeit mit frischem Geld ihre weitere Expansion, unter anderem in die Schweiz. Das Ziel bestehe darin, neue Maßstäbe in der Finanzbranche zu setzen, ließ das Unternehmen verlauten. Demnach wird gerade ein Deal vorbereitet, der zu den größten Fintech-Finanzierungsrunden, die jemals in Europa durchgeführt wurden, zählt. Im Gespräch ist ein dreistelliger Millionenbetrag, der von den Smartphonebankern gerade aufgestellt wird. Ebenso spektakulär wie die Höhe der Summe ist die Herkunft des Geldes: Insider-Informationen lassen die Vermutung zu, dass das Kapital aufgebracht wird vom chinesischen Internetkonzern Tencent; Betreiber führender chinesischer sozialer Netzwerke wie WeChat und international größer als Konkurrenten wie Facebook mit einem Börsenwert von circa 500 Milliarden Dollar.

Andere führende heimische Finanztechnologie-Unternehmen wie Wikifolio entwickelten ähnliche innovative Ideen. Um Fintech ging es auch auf der von der Wiener Wirtschaftsagentur gemeinsam mit dem österreichischen Bankenverband ins Leben gerufenen "Fintech Week Vienna". Diese Plattform bietet unabhängig organisierte Veranstaltungen, bei denen Innovationen am Finanzsektor im Mittelpunkt stehen, an. Während der Fintech Week, an der sich zahlreiche vielversprechende Start-ups beteiligten, wurde die Stärke der österreichischen Fintech-Szene deutlich.

Status Quo der österreichischen Fintechs

Den unterschiedlichen Finanzunternehmen gelang in den vergangenen Jahren ohne große Marketing-Budgets ein stabiles Wachstum, indem sie sich als Partner und Ideengeber heimischer Banken präsentierten. Schnelle Entwicklungen prägen die Digitalisierung der Finanzmärkte. Österreichische Fintech-Unternehmen sind gut aufgestellt und folgen dieser Entwicklung. Mit Unterstützung der österreichischen Regierung, der Banken und Versicherungsunternehmen kann das österreichische FinTech-Ökosystem die gesteckten Ziele erreichen. Neben N26, dem erfolgreichsten FinTech-Startup des Landes, haben sich im Großraum Wien andere Newcomer etabliert, die das bestehende Portfolio an Neuheiten im Finanzbereich weiter ausbauen. (Christian Allner, 7.1.2019)

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