Im Nachwuchs hat Emma Spitz ihr Potenzial schon bewiesen, in ein paar Jahren will sie als Profi leben: "Mein Ziel wären die Top zehn."

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Ardglass/Göllersdorf – Es ist ein windiger Augusttag, als Emma Spitz im südöstlichsten Eck Nordirlands das wichtigste Loch ihres bisherigen Golflebens spielt. Ein kurzer Putt, etwa 25 Zentimeter. Spitz holt ein paar Zentimeter aus, Schläger trifft Ball, ein leichter Linksdrall, egal, drin, Jubel. Die Niederösterreicherin hat ihre Landsfrau Isabella Holpfer geschlagen und die British Open Amateur Championships gewonnen, das wichtigste Nachwuchsturnier Europas. "Mein größter Triumph", sagt die 18-Jährige.

Spitz hat damals viel gesungen, wie sie das oft tat zwischen den zahllosen Löchern vor diesem einen, letzten, wichtigsten. Gemerkt hat das keiner, sie sang still. "Wenn du eine Runde spielst, bist du viereinhalb Stunden allein", sagt die frischgebackene Maturantin. "Du musst schauen, dass du nicht anfängst, zu viel nachzudenken." Also beginnt sie oft, "im Kopf zu singen. Dann fällt einem ein Lied ein, das man die ganze Runde singt."

Welches Lied das genau war, damals im August in Ardglass auf dem Linkskurs mit Meerblick, das weiß Spitz nicht mehr so genau. "Irgendwas, das man im Alltag auch als Ohrwurm hat." Jedenfalls schaffte sie mit dem Turniersieg etwas, das zuvor keine Österreicherin geschafft hatte.

Stärken, Ziele

Warum jetzt, warum Spitz? "Man muss im Kopf stark sein", sagt sie, aber natürlich auch Schlagtechnik, Fitness, das richtige Material und Wissen mitbringen. Im Oktober legte sie mit Bronze bei den Youth Olympic Games nach. Ein Vorgeschmack? "Mein Ziel wären die Top zehn", sagt Spitz und spricht nicht von Amateurranglisten.

Wenn Spitz auf ihrer Couch sitzt und erzählt, kann und will sie ihren Sport nicht verleugnen. Auf der Galerie des Wohnzimmers stehen unzählige Golftaschen, im Erdgeschoß ein Ergometer. Spitz wohnt mit ihrer Familie in einer Wohnung im barocken Schloss Schönborn im niederösterreichischen Weinviertel, nur einen Abschlag weit weg ist der teilweise im Schlosspark gelegene Golfplatz, auf dem sie ihr Handwerk lernte.

Golf, Eishockey, Golf

Ganz so schnell ist die Geschichte aber nicht erzählt. Die Familie legte viel Wert auf Bewegung, "aber Golf war nie unser Sport", erzählt die Tochter einer Orthopädin und eines Unfallchirurgen. Erst als Schulfreunde zu golfen begannen, stieg die damals siebeneinhalbjährige Spitz auch ein. "Dann waren eh alle süchtig."

Abschlag.
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Jahrelang spielte sie auch Eishockey. "Das ist eine super Grundlage für den Golfsport", sagt Nikolaus Zitny, Sportdirektor des österreichischen Golfverbands. Er sieht die "multisportive Erziehung" der jungen Golferin als Erfolgsrezept. Zuallererst sagt der 45-Jährige aber: "Sie hatte schon in jungen Jahren diesen unbändigen Drang, besser zu werden."

Erfolge, Erfolge, Erfolge

"Ich hab relativ früh entschieden, dass ich das professionell machen möchte", sagt Spitz. Mit zwölf spielte sie ihre ersten internationalen Jugendturniere, mit 15 gewann sie die Staatsmeisterschaft – wohlgemerkt in der Erwachsenenklasse. "Als sie zwölf Jahre alt war, habe ich gesagt: 'Das ist eine 16-Jährige im Körper einer Achtjährigen'", sagt Zitny. Oft warnt er davor, zu früh mit "großen Turnieren, die nur Geld kosten", zu beginnen – aber: "Emma hat das gebraucht, zu wissen, wo sie steht. Sie hat das immer als positiven Input mitgenommen."

Zwischen 50 und 100 Golferinnen können weltweit von ihrem Sport leben, schätzt Spitz. "Emma ist sehr weit, hat tolle Erfolge gefeiert", sagt Zitny, warnt aber: "Eine Garantie, dass sie ganz hinaufkommt, kann man nie geben – vor allem im Golfsport."

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Schon 2016 wurde Spitz zum Junior Ryder Cup eingeladen.
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Ab Herbst geht die 1,65 Meter große und 48,5 Kilogramm schwere Spitz auf ein US-College. Im April besichtigt sie UCLA in Los Angeles und die University of Oregon, für beide Unis hätte sie dank ihrer sportlichen Qualität ein Vollstipendium. Wie im Football und Basketball gibt es auch im Golf universitären Wettstreit. An den USA komme man nicht vorbei, sagt Spitz: "Die European Tour ist in letzter Zeit nicht so gut – wenige Turniere, wenige Sponsoren."

Vor dem Collegestart plant Spitz mit 13 Turnieren, kommende Woche fliegt sie ins Trainingslager auf Mallorca: tausende Schläge, Fitness, Materialtests. Und ein bisschen singen. (Martin Schauhuber, 30.12.2018)