München – Fünf Monate vor der Europawahl haben CDU und CSU die EU-Austrittspläne der AfD für Deutschland massiv kritisiert. "Die Bürger müssen wissen, dass die AfD die deutsche Brexitpartei ist", sagte der gemeinsame Spitzenkandidat der Union und der Europäischen Volkspartei EVP, CSU-Vize Manfred Weber, am Samstag bei der Klausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon.

Hintergrund seien Forderungen aus der AfD, über einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union nachzudenken. Wer eine Situation wie in London wolle, eine chaotische politische Lage und eine wirtschaftlich instabile Zukunft, der müsse dem Weg der AfD folgen. Weber forderte die Union auf, sich im Wahlkampf mit allen Antieuropäern hart auseinanderzusetzen.

Handlungsfährigkeit der EU stehe zur Debatte

Der AfD-Leitantrag für das Europawahlprogramm bringt den EU-Austritt Deutschlands ins Spiel, falls der Staatenverbund nicht bis 2024 umgebaut wird. "Die Europawahl hat große Bedeutung für den Kontinent. Es geht um was", betonte Weber. Die Umfragewerte sagten voraus, dass Populisten, Extremisten und echte Nationalisten zulegen würden. "Es steht die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union zur Debatte."

"Wir werden uns mit allen Anti-Europäern, mit denen, die das Projekt negieren und zerstören wollen, hart auseinandersetzen und sie auch stellen", sagte Weber. Der EVP-Fraktionschef im Europaparlament soll nach dem Willen von CDU und CSU nach einem guten Abschneiden bei der Wahl Ende Mai im weiteren Jahresverlauf Nachfolger von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker werden. Weber gilt europaweit als aussichtsreicher Kandidat.

Programm von CDU und CSU

CDU und CSU gehen zusammen in den Europawahlkampf, dazu zählt auch ein gemeinsames inhaltliches Programm. Die Union wolle ein ambitioniertes, aber auch geerdetes Europa, welches bei den Menschen sei, sagte Weber. "Es ist wichtig, dass wir Europa nicht nur funktional sehen, es ist eine Schicksalsgemeinschaft."

Weber kündigte an, im Dialog mit EU-Mitgliedern wie Ungarn und Rumänien auf eine strikte Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zu pochen "Bei der Rechtsstaatlichkeit bleibt es dabei, es gibt keinen Rabatt bei den Grundrechten in der Europäischen Union", betonte Weber. "Und ich würde sogar einen Schritt weitergehen. Ich glaube, dass wir in der Zukunft in Europa überlegen müssen, ob wir einen verbindlichen Rechtsstaatsmechanismus einführen, der garantiert, dass parteiunabhängig die Prinzipien eingehalten werden." Ungarns Premier Viktor Orban war zuletzt erst vor einem Jahr bei der CSU-Klausur zu Gast.

Abbruch der Gespräche mit der Türkei

Weber bekräftigte zudem, er werde sich für einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei einsetzen. "Ich mache die klare Aussage, dass ich als möglicher neuer Kommissionspräsident die Beitrittsgespräche mit der Türkei zur Europäischen Union unterbinden werde", sagte Weber. Dies kritisierten die deutschen Grünen als Populismus.

Die Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner erklärte: "Natürlich kann die heutige Türkei unter Erdogans Herrschaft nicht der EU beitreten, aber eine absolute Absage stärkt nur Erdogan und schwächt die verbleibenden demokratischen Kräfte in der Türkei", sagte Brantner am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. "Mit der Türkei die Gespräche abbrechen, aber sich mit Orban und Fidesz zum Kommissionspräsidenten wählen lassen wollen, zeugt von Populismus, aber nicht von einer ehrlich gemeinten Verteidigung der Demokratie und Europas", kommentierte Brantner die Äußerungen des CSU-Politikers.

Wie die CSU gehört die Fidesz-Partei des rechtskonservativen ungarischen Regierungschefs der EVP-Fraktion im EU-Parlament an. Orban erklärte seine Unterstützung für Weber. (APA, dpa, 5.1.2019)