Für die größten Überraschungen der Golden-Globe-Gala musste man diesmal bis in die Morgenstunden von Montag ausharren. Am Ende waren Bohemian Rhapsody und der Freddy-Mercury-Darsteller Rami Malek die großen Gewinner. Lady Gaga und ihr Film A Star is Born, bei den Buchmachern noch favorisiert, hatten bis auf den besten Song das Nachsehen.
Den Preis für die beste Darstellerin durfte Glenn Close entgegennehmen. Auf dem Gesicht der Charaktermimin, die schon die dritte Auszeichnung der Hollywood Foreign Press erhielt, stand riesengroß: Verblüffung, ja Schockstarre. In The Wife, der Ende Februar auch in Österreich startet, spielt sie die Frau eines Literaturnobelpreisträgers (Jonathan Pryce), die in Wahrheit jedoch diejenige ist, die auch dessen Bücher geschrieben hat. Nachdem Close ihre Fassung wieder gefunden hatte, sprach sie dann auch von ihrer Mutter und all der anderen Frauen, die ein Leben lang im Schatten von Männern stehen. "We have to follow our dreams", meinte der Star, der wie Muhammed Ali ein Boxer schon immer Schauspielerin werden wollte.
Es war einer von vielen Momenten dieses Abends, an dem sich die Frauen von Hollywood im Jahr zwei nach der Metoo-Bewegung kämpferisch gaben. Regina King, für ihren Part in der James-Baldwin-Verfilmung If Beale Street Could Talk als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet, legt in Sachen Emotionalität noch eine Stufe zu. "Times Up, times two", sagte die Afroamerikanerin: Sie schwor, in den nächsten zwei Jahren nur Projekte verfolgen zu werden, in denen die Hälfte aller Mitwirkenden Frauen sind. Und sie möchte alle auffordern, es ihr gleich zu tun.
In der insgesamt deutlich weniger politischen Preisverleihung als in den letzten Jahren – Donald Trump wurde mit eisernem Schweigen bestraft – waren Repräsentationsfragen, Hollywoods Bestreben nach größerer Diversität das bestimmende Thema. Auch humorvoll, wie gleich zu Beginn, als Ko-Moderatorin Sandra Oh über den ausschließlich asiatischen Cast von Crazy Rich Asian schwärmte und sich indirekt über Emma Stone lustig machte, die in Aloha 2015 noch eine Pilotin mit hawaianisch-chinesischer Abstammung gespielt hatte. Deren spontane Reaktion war ein "I‘m sorry"-Ruf. Man kann daran wohl auch ablesen, wie sich die Sensibilität in den letzten drei Jahren verändert hat.
Buddymovie gegen Gräben
Die rund 90 stimmberechtigten Journalisten der Golden Globes boten in ihren Entscheidungen jedenfalls ein Abbild für ein mannigfaltigeres Hollywood. Neben Regina King wurde etwa Mahershala Ali für seine Darstellung des schwarzen und homosexuellen Pianisten Don Shirley in Green Book ausgezeichnet. Das als beste Komödie prämierte Buddymovie wurde mit insgesamt drei Trophäen zum größten Gewinner des Abends.
Es begleitet Shirley mit seinem bodenständigen italoamerikanischen Fahrer (Viggo Mortensen) durch die rassistisch geprägten Südstaaten der 1960er-Jahre. Regisseur Peter Farelly sprach in seiner Dankesrede davon, dass er einen Film gegen die gesellschaftlichen Gräben drehen wollte. Ihm hätte die Geschichte dieser ungleichen Freundschaft Hoffnung gegeben. Bei der Kritik stieß Green Book allerdings auf eher geteilte Zustimmung. Man warf dem Film vor, aus einer betont weißen Perspektive zu erzählen und erst recht Stereotypen zu bedienen.
Roma, Alfonso Cuaróns Rückblick auf seine Kindheit in Mexiko, wurde zwei Mal ausgezeichnet (bester Regisseur, bester ausländischer Film). Bei der Academy wird der Netflix-Film wohl in weiteren Kategorien Nominierungen einheimsen. Die Briten Olivia Colman, zu recht, aber als Einzige für The Favourite prämiert, darf sich ähnlich wie Christian Bale, der für seine Dick-Cheney-Einverleibung in Vice einen Globe gewann, nun auch Hoffnung auf einen Oscar machen. Bales Rede war übrigens eine der besten. Obwohl ihm seine Frau geraten hatte, weniger zu sagen, bedankte er sich bei Satan für die Inspiration. Ein wenig inkorrekt darf‘s bitte auch sein. (Dominik Kamalzadeh, 7. 1. 2019)
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