Auch im Indie-Bereich gibt es Groß und Klein: Während sich manche Titel, etwa das seit kurzem strauchelnde The Last Night, dank gelungener PR über massive Aufmerksamkeit der Spielerschaft freuen können, bleiben unzählige andere Spiele bis zum Release kaum beachtet. Indie-Games, auf die sich Auskenner 2019 schon lange vor dem Release freuen, stammen entweder von bekannten Entwicklern, etwa "In the Valley of the Gods" der "Firewatch"-Macher Campo Santo, sind Fortsetzungen zu Indie-Bestsellern wie "Spelunky 2" oder konnten auf Branchenmessen dank besonders gelungener Trailer das Interesse des Mainstreampublikums wecken, wie etwa "Sea of Solitude".

Statt diese üblichen Verdächtigen hier noch einmal aufzuzählen, ein kleiner Streifzug durch jene kommenden Attraktionen, die bislang noch fast unbemerkt geblieben sind. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.

"Phoenix Point"

Julian Gollop ist ein Kultentwickler irgendwo knapp unterhalb der ganz großen Namen wie Sid Meier und Will Wright. Der britische Erfinder der Original-X-Com-Reihe (UFO: Enemy Unknown) geht mit seinem unabhängig produzierten Rundenstrategiespiel zurück zu den Wurzeln und will schlicht den ultimativen inoffiziellen Nachfolger zu seiner inzwischen von Firaxis übernommenen und auf Massenerfolg getrimmten X-Com-Reihe verwirklichen.

Auch in Phoenix Point wechseln sich globalstrategisches Management und rundenbasierte taktische Kämpfe gegen Aliens ab, doch das ambitionierte Spiel will größere Spieltiefe und eine Vielzahl zusätzlicher neuer Spielmechaniken bieten, die Gollop und Fans bei den Remakes der X-Com-Reihe vermisst haben. Phoenix Point ist im Early Access bereits anspielbar, final soll es im Sommer 2019 veröffentlicht werden.

Phoenix Point

"Mundaun"

Ein Horror-First-Person-Spiel, das in den Schweizer Alpen spielt und von vorn bis hinten aus Bleistiftzeichnungen besteht, sieht man nicht alle Tage. Mit "Mundaun" verwirklicht der Schweizer Michael Ziegler seine außergewöhnliche Vision von alpinem Horror, der sich auch auf die reiche Sagen- und Folklorewelt der immer auch unheimlichen Berge bezieht.

Die Mischung aus Adventure, Horror und Erforschung ist allein wegen ihrer künstlerischen Ambition ein Ausnahmetitel, der seinesgleichen sucht. Im Oktober 2019 beginnt der mythische Alpentrip im einzigartigen Stil.

AdventureAdvocate

"Disco Elysium"

Klassische isometrische Rollenspiele in der Tradition von Baldur's Gate & Co sind dank des Erfolgs großer Kickstarter-Kampagnen präsenter als je zuvor, ein Spiel wie Disco Elysium suchte man aber bislang vergeblich: In der Mischung aus klassischem Rollenspiel und Hard-boiled-Detektivstory verstrickt sich die Hauptfigur, ein klassisch versoffener Noir-Antiheld, nicht nur in die Komplexität eines mysteriösen Mordes in einer riesigen Küstenstadt, sondern auch in Diskussionen mit seinem inneren Schweinehund.

Konkret heißt das, dass innere Dialoge mit verschiedenen Persönlichkeitsaspekten der eigenen Psyche essenzieller Bestandteil der Erzählung sind – ein absolut origineller narrativer Trick, der neugierig macht.

Disco Elysium

"Dead Static Drive"

Zugegeben, viel weiß man noch nicht von diesem Spiel, doch Dead Static Drive des australischen Entwicklers Mike Blackney sorgt dennoch schon seit Jahren dank umwerfenden Styles und interessanter Prämissen für nervöse Vorfreude. Mit "Grand Theft Cthulhu" umschreibt Blackney sein Spiel, in dem man im stylischen 80er-Jahre-Muscle-Car in einer postapokalyptischen, von Monstern und Zombies überrannten Einöde unterwegs ist, um seine Eltern zu besuchen.

Vor allem in den regelmäßig auf Twitter geposteten animierten GIFs des Entwicklers wird nachvollziehbar, warum Vorfreude auf dieses rein optisch bemerkenswerte Spiel schon jetzt angebracht ist.

Polygonal Escape

"Inmost"

Wer Inmost nach einem flüchtigen Blick auf die simple, an die Gameboy-Ära erinnernde Grafik als puren Nostalgikerservice abtut, versäumt etwas: Der düstere, großartig animierte Horror-Plattformer in monochromer Ästhetik geht nicht nur spielerisch, sondern auch in Sachen Erzählung weit über seine Retro-Vorbilder hinaus. Die Geschichten dreier spielbarer Figuren verbinden sich über zwei getrennte Welten hinweg zu einer berührenden Horrorgeschichte.

Der Kampf gegen unheimliche Monster soll dabei ebenso wie Puzzles und die Erforschung einer riesigen, gefährlichen Umwelt voller Fallen und Geheimnisse im Zentrum stehen.

Chucklefish

"Sable"

Der vor wenigen Jahren verstorbene Comic-Künstler Jean "Moebius" Giraud ist für seine unnachahmliche klare Bildsprache und fantastisch-exotische Science-Fiction-Szenarien berühmt, mit Sable schafft es erstmals ein Spiel, konsequent den Stil des Comics-Giganten zum effektvollen Einsatz zu bringen.

Das auf der E3 2018 durch seinen spektakulären Trailer einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gewordene Spiel soll auf eine atmosphärische Mischung aus Erforschung und Action-Adventure-Elementen setzen; die bislang veröffentlichten, leicht esoterisch anmutenden Details zur mystischen Hintergrundstory um diese "quest of self-discovery" hätten wohl auch Moebius gefallen.

PC Gamer

"Darq"

In Darq finden sich Spielerinnen und Spieler in einer bizarren Traumwelt wieder, in der nicht nur die Schwerkraft, sondern auch andere Naturgesetze anders funktionieren als sonst. Das in stylischen Grautönen gehaltene Action-Adventure mit Puzzle-Elementen spielt auf überaus clevere Art und Weise mit der Perspektive, Licht und Schatten und psychologischem Horror; stilistisch setzt man auf die eigentümliche Mischung aus Niedlichkeit und Grusel, wie sie auch Little Nightmares höchst effektiv zum Einsatz brachte.

Das bei diversen Games-Festivals mit allerlei Vorschusslorbeeren bedachte atmosphärische surreale Spiel soll in der ersten Hälfte des Jahres erscheinen.

Unfold Games

"Blasphemous"

Für die einen ist es Pixelgatsch, für die anderen Retro-Kunst, fest steht nur, dass die Original-8- und 16-Bit-Grafik historischer Games nie und nimmer die Detailtiefe und Qualität späterer Titel im Retro-Stil erreicht hat. Auch Blasphemous lockt mit der aufgebohrten Ästhetik klassischer Metroidvanias, setzt aber mit grotesker Fantasie und einfallsreichem Design noch eins drauf.

Der Action-Plattformer verspricht rasantes Hack&Slash-Gameplay, eine offene, nichtlineare Spielwelt und einzigartiges Pixel-Artwork, das die Visionen eines Hieronymus Bosch mit der Coverkunst heißverehrter Heavy-Metal-Klassiker zusammendenkt.

BELONGPLAY

"Pathway"

Einen Indiana Jones für die Hosentasche verspricht das pixelnostalgische Pathway. Im Jahr 1936 warten immer neu prozedural generierte exotische Ruinen, düstere Tempel und gefährliche Dschungel auf mutige Entdecker, die sich auf ihrer Schatzsuche rundenbasiert gegen Tiere, Nazis und mythische Bewacher durchsetzen.

Die Voxel-Pixel-Hybrid-Engine des charmanten Abenteuers verleiht dem klassischen 16-Bit-Look von Pathway eine absolut zeitgemäße Veredelung durch hübsche Beleuchtungs- und Partikeleffekte, dank einer Vielzahl an Story-Events und immer neu generierter Elemente sollen sich keine zwei Abenteuer gleichen.

robotality

"Creaks"

Die Spiele des Brünner Studios Amanita Design – Samorost, Machinarium, Botanicula und Chuchel – sind seit Jahren Garant für liebevoll gestaltete Erlebnisse mit bezaubernder Kunst und grandioser Musik, das für dieses Jahr angekündigte Creaks soll im Gegensatz zum Slapstick von Chuchel wieder etwas gruseliger werden – und, zum ersten Mal in der Studiogeschichte, kein reines Point-&-Click-Adventure sein, sondern Action- und Puzzle-Elemente verbinden. Wer Amanita Design kennt, weiß, dass trotzdem Humor und Charme nicht zu kurz kommen werden. (Rainer Sigl, 12.1.2019)

Amanita Design