Bis 2016 waren Arnautovic und Okotie Kollegen im ÖFB-Nationalteam. Am 15. November 2014 bejubelten sie in Wien Okoties Tor zum 1:0-Erfolg gegen Russland in der EM-Qualifikation.

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"Ich kann die Entscheidung nicht für ihn treffen. Aber Marko hat sich bei mir erkundigt, und ich habe ihm von meinen Erfahrungen erzählt", sagt Rubin Okotie. Man kann es also durchaus eine Botschaft nennen, die Okotie für Arnautovic parat hat. Sie sieht aus wie folgt. "Wenn du in einer der großen Städte Chinas lebst und Fußball spielst, dann ist das eine tolle, eine unglaubliche Erfahrung."

Okotie (31), der zuletzt bei der EM 2016 und insgesamt 18 Mal für Österreich spielte (zwei Tore), hat diese Erfahrung eineinhalb Jahre lang in Peking genossen, wo er für den Zweitligisten Beijing Enterprises Group FC spielte. Im Sommer kehrte er nach Europa zurück, aktuell steht er beim belgischen Zweitligisten Beerschot Wilrijk unter Vertrag.

Das tolle Angebot

Arnautovic (29) zieht es in die andere Richtung, wie sein Bruder und Manager Danijel kürzlich bestätigte. Dem österreichischen Nationalteamkapitän (77 Spiele, 20 Tore), der seit 2017 bei West Ham kickt, soll laut BBC ein Angebot des regierenden Meisters Shanghai SIPG vorliegen. Der Klub, bei dem Arnautovic auf Trainer Vítor Pereira (früher Porto, Fenerbahce) und die brasilianischen Ex-Internationalen Hulk und Oscar treffen würde, soll bereit sein, 40 Millionen Euro für den Österreicher zu bezahlen. Für etwas mehr als die Hälfte dieser Summe war Arnautovic im Juli 2017 von Stoke City zu West Ham übersiedelt.

Am Samstag treffen die Hammers daheim auf Arsenal, man darf gespannt sein, wie die Fans Arnautovic empfangen. Einen plötzlichen Abgang würden sie nicht goutieren, das steht fest. Managerbruder Danijel sagte dem Radiosender Talk Sport: "Solange Marko bei West Ham ist, gibt er alles für den Klub."

Shanghai SIPG lockt Arnautovic dem Vernehmen nach mit dem Zweifachen der West-Ham-Gage, also mit 220.000 Euro – pro Woche. "Es ist klar, dass bei einem Wechsel nach China auch der finanzielle Aspekt eine Rolle spielt", sagt Rubin Okotie. Er würde aber andere Aspekte in den Vordergrund stellen. "Man kann in China sehr gut leben. Die Kultur ist sehr interessant." Er habe mit seiner Familie etwa etliche Städtereisen unternommen, sich viel angesehen. In Peking allerdings sei die Luftverschmutzung im Schnitt an jedem zweiten Tag stark spürbar gewesen, diesbezüglich sei Schanghai mit Sicherheit lebenswerter.

"Der Fußball in China ist natürlich anders als in Europa und ganz anders als in der Premier League", sagt Okotie. "Aber auch dort gibt es viele sehr gute Fußballer." Man müsse auch die Dimensionen im Auge haben, China ist mit knapp 1,4 Milliarden das bevölkerungsreichste Land der Welt, der Markt sei riesig. Mag sein, auch das reizt Arnautovic. Okotie: "Der Status eines großen Vereins in China lässt sich ganz sicher mit jenem von Bayern München in Europa vergleichen."

Es gibt Vorbilder

Auch rein sportlich würde Okotie einen Arnautovic-Wechsel nach China "nicht als Rückschritt, sondern als eine gute Möglichkeit betrachten", auf keinen Fall als Sackgasse oder gar Endstation. Okotie kann einige China-Legionäre nennen, die auch in ihren Nationalteams zu Stützen zählen. Der Brasilianer Paulinho habe es nach zwei China-Jahren (Guangzhou Evergrande) sogar zum FC Barcelona geschafft, wo er einiges zum Doublegewinn 2018 beitrug. Auch sein Landsmann Renato Augusto, seit 2016 bei Beijing Guoan, sei Teamspieler. Und Axel Witsel fällt Okotie ein, der Belgier kickte 2017 und Anfang 2018 noch für Tianjin Quanjian, wurde im Vorjahr WM-Dritter und zählt seit Herbst zu den Stützen des deutschen Tabellenführers Borussia Dortmund. Aus all dem würde Okotie schließen, dass ein China-Engagement keinesfalls das Ende der Arnautovic-Teamkarriere bedeuten muss.

Die langen Flüge – für Wien- Schanghai muss man zehn Stunden rechnen – und die Zeitdifferenz (sieben Stunden) würden natürlich eine Belastung darstellen. "Aber das würde Marko in Kauf nehmen", glaubt Okotie. "Schließlich spielt er gern im Team." (Fritz Neumann, 11.1.2019)