Der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák besuchte am Montag seine österreichische Amtskollegin Karin Kneissl in Wien.

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Die Botschaft beim Wien-Besuch des slowakischen Außenministers Miroslav Lajčák am Montag war klar: Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und der Slowakei seien ausgezeichnet, unterschiedliche Ansichten zu manchen Fragen nur natürlich. Zu letzteren zählt insbesondere die umstrittene Indexierung der Familienbeihilfe durch Österreich, also jenes Gesetz, das am 1. Jänner in Kraft getreten ist und bereits im Vorfeld für Irritationen gesorgt hat – insbesondere in einigen osteuropäischen Ländern.

Durch die Regelung wird die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von in Österreich beschäftigten Arbeitnehmern an die Lebenshaltungskosten vor Ort angepasst. In einigen wenigen Fällen bedeutet das Mehrkosten für die österreichische Staatskasse. In der überwiegenden Anzahl der Fälle jedoch leben diese Kinder in Ländern mit einem niedrigeren Preisniveau und erhalten nun ein kleineres Stück vom Kuchen der österreichischen Sozialleistungen.

Reise im Pendlerzug

Das Thema hatte bereits für Debatten gesorgt, als Kneissl vor ziemlich genau einem Jahr die Slowakei besuchte. Es war ihre erste Auslandsreise als Außenministerin überhaupt. Kneissl war im Pendlerzug nach Bratislava gereist, wo sie sich bei einer Pressekonferenz bei all jenen slowakischen Pflegekräften bedankte, die täglich auf dieser Strecke unterwegs sind und "mithelfen, das österreichische Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten". Bei derselben Gelegenheit konnten ausgerechnet diese vernehmen, dass sie schon bald mit finanziellen Kürzungen vonseiten Österreichs rechnen müssen.

Bedenken hat später auch die EU-Kommission angemeldet, was das Thema zunächst tatsächlich aus der bilateralen Beziehungspflege heraushält. Das Problem werde bereits "auf supranationaler Ebene" behandelt, erklärte Kneissl am Montag auf Anfrage des STANDARD. In dieselbe Kerbe schlug im Wiener Außenministerium ihr Amtskollege Lajčák: Die Slowakei wolle die Stellungnahme der EU-Kommission abwarten und werde deshalb keine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) initiieren.

EU-Verfahren droht

Brüssel befürchtet durch die Indexierung der Familienbeihilfe verbotene Diskriminierung und hat Wien wiederholt mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Ein Argument der Gegner besteht auch darin, dass die betroffenen Beschäftigten dieselben Abgaben zahlen wie jene, deren Familien in Österreich leben, und deshalb auch genauso von den Sozialleistungen profitieren sollten. Österreichs Regierung wiederum sieht in der Berücksichtigung des Preisniveaus vor Ort die Grundlage für ein faires Transfersystem.

Das aktuelle EU-Vorsitzland Rumänien hatte sich in der Angelegenheit bereits im Oktober an die Europäische Kommission gewandt. Im November baten sieben weitere von der Kürzung betroffene Länder, darunter auch die Slowakei, um Unterstützung aus Brüssel. Auch wenn das Problem in technischer Hinsicht mittlerweile also auf "supranationaler Ebene" behandelt wird – inhaltlich geht es auch um einen Interessenkonflikt zwischen Österreich und mehreren EU-Partnern. Sollte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, beginnt ein Dialog, in dem Österreich seinen Standpunkt klarmachen kann. Kommt es dabei zu keiner Lösung, kann die Kommission den Fall vor den EuGH bringen, der dann entscheidet. (Gerald Schubert, 14.1.2019)