Nicht unumstritten: Sonja Klima.

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Wien – Über die klassische Reitkunst soll sie Bescheid wissen, mit Zucht und Tiergesundheit soll sie sich auch auskennen. Außerdem von Vorteil sind BWL-Kenntnisse, Medienerfahrung und ein hervorragendes Auftreten. Im Gegenzug winken für die neue Leitung der Spanischen Hofreitschule 8.000 Euro Bruttogehalt und eine Stelle, wie es sie nicht oft auf der Welt gibt.

Drei Kandidaten hatten es in die engere Auswahl für die Nachfolge von Elisabeth Gürtler an der Spitze der Wiener Kulturinstitution geschafft: Sonja Klima, Herwig Radnetter und Ulla Weigerstorfer.

Kernkriterien "nicht erfüllt"

Am Donnerstagnachmittag fand die Sitzung des Aufsichtsrats statt. Er entschied sich für die Ex-Frau des früheren Bundeskanzlers Viktor Klima (SPÖ), die laut Insidern die Unterstützung der ÖVP genießt. Klima decke mit ihrem Persönlichkeitsprofil die Bereiche Marketing und Verkauf sowie Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising "sehr gut ab", erklärte Aufsichtsratschef Johann Marihart am Donnerstagabend. Man werde nun Vertragsverhandlungen mit Klima aufnehmen.

Das sehen nicht alle so: Der vierköpfige Beirat kündigte seinen geschlossenen Rücktritt an. "Es ist für mich unverständlich, wie jemand bestellt werden kann, der die Kernkriterien der Ausschreibung nicht erfüllt", sagt Michael Enzinger, Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer und Beiratsmitglied, dem STANDARD. Er sieht eine Missachtung des Stellenbesetzungsgesetzes.

Die anderen Beiratsmitglieder sind Nikolaus Haim-Swarovski, Präsident des Tiroler Pferdesportverbands, Thomas Lang, Dressurrichter für die Olympischen Spiele, und Elisabeth Max-Theurer, die Präsidentin des Österreichischen Pferdesportverbands.

Der Rücktritt war schon im Vorfeld angekündigt worden. Der Beirat befürchtet eine politische Einflussnahme auf die Personalentscheidung, hieß es. "Denn wofür braucht es uns dann noch?", fragte ein Beiratsmitglied. Der Beirat hatte sich für Herwig Radnetter, den administrativen Leiter der Reitbahn, ausgesprochen.

Köstinger bestreitet Weisung

Die Hofreitschule ist im Besitz der Republik, ressortzuständig ist daher Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Ein Sprecher Köstingers stritt eine politische Einflussnahme ab, der Aufsichtsrat sei weisungsfrei.

Die drei Kandidaten, die es in die Endrunde schafften, waren höchst unterschiedlich: auf der einen Seite Sonja Klima, Präsidentin der Ronald-McDonald-Kinderhilfe, und Ulla Weigerstorfer, die ehemalige Miss World und Ex-Nationalratsabgeordnete für das Team Stronach. Auf der anderen Seite Radnetter, seit 1976 in der Spanischen Hofreitschule.

Was sie eint: die Pferde. Klima reitet, seit sie ein Kleinkind ist, in Argentinien lernte sie das Polospiel kennen und lieben, Weigerstorfer ist aktive Pferdesportlerin, und Radnetter bildete jahrzehntelang Reiter und Pferde in der Hofreitschule aus.

Platz eins beim Hearing

Am 7. Jänner stellten sich die drei Kandidaten einem Hearing, bewertet wurden sie hinsichtlich ihrer fachlichen Eignung und Erfahrung, ihrer Persönlichkeit und ihrer Visionen. Ein Mitglied des Beirats übermittelte dem STANDARD die Ergebnisse des Hearings: Auf Platz eins soll Hofreitschulen-Urgestein Radnetter mit 165 Gesamtpunkten gelegen sein, hinter ihm Klima mit 145 Punkten, knapp danach kam Weigerstorfer mit 143 Punkten.

Eine Sprecherin der Hofreitschule betonte, dass man Radnetter als "großen Pferdemann" sehe, der viel an Ex-Chefin Gürtlers Seite gewesen sei und mit Souveränität Repräsentationsaufgaben übernommen habe. (Gabriele Scherndl, Renate Graber, 17.1.2019)