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Theresa May hat dieser Tage Stress.

Foto: REUTERS/Clodagh Kilcoyne

Beim Thema Brexit haben die britischen Medien längst jegliche Zurückhaltung beiseitegeschoben. So schrieben sie am Sonntag unverblümt und dramatisch von einer "Kernschmelze" für Theresa May und von einer "Verschwörung" gegen die Premierministerin im Unterhaus. Dort sollte sie am Montag ihren Plan B zum EU-Austritt vorstellen.

Gleich mehrere Medien berichteten von zwei Gruppen von Abgeordneten, die Abänderungsanträge zu Mays Vertragspaket einbringen wollen, um ihre EU-Austrittspläne zu stoppen – oder zumindest zu verzögern. Idealerweise über den 29. März hinaus, der bisher als Termin für den Abschied des Vereinigten Königreichs aus der EU nach viereinhalb Jahrzehnten gilt.

Die "Sunday Times" will in Erfahrung gebracht haben, dass eine Gruppe von über 20 konservativen Abgeordneten – also Parteifreunden Mays – unter Führung von Dominic Grieve den Austrittsprozess nach Artikel 50 des EU-Vertrags vorübergehend stoppen will. Das Blatt bezieht sich ebenso wie die "Daily Mail" auf geleakte E-Mails von Grieve, dem ehemaligen obersten Rechtsberater der Regierung (er war von 2010 bis 2014 Attorney General für England und Wales).

Gegen Austritt am 29. März

Eine weitere, sogar parteienübergreifende Initiative will May dazu zwingen, den Austritt überhaupt zu verschieben, falls es bis Ende Februar keine Zustimmung des Parlaments zu einem Deal geben sollte. Ein erster Versuch Mays, sich diese Zustimmung zu holen, endete am Dienstag vergangener Woche mit einer Blamage historischen Ausmaßes für die Regierungschefin.

Diese Gruppe um den Konservativen Nick Boles (er war ab 2012 Staatssekretär im Ministerium für Kommunen und lokale Selbstverwaltung und ab 2014 Staatsminister im Wirtschaftsministerium der Regierung David Camerons) und um die Labour-Politikerin Yvette Cooper (von 2009 bis 2010 Arbeitsministerin der Regierung Gordon Browns) wollen mit ihren Abänderungsanträgen einen ungeordneten EU-Austritt, den No-Deal-Brexit, verhindern.

"Extrem beunruhigend"

Die Regierungszentrale in der Downing Street 10 sprach am Sonntag von "extrem beunruhigenden" Bemühungen, der Regierung Macht zu entziehen. Handelsminister Liam Fox warnte im "Sunday Telegraph" vor einem "politischen Tsunami", sollten die Abgeordneten das Referendumsergebnis von 2016 tatsächlich negieren. Damals stimmte eine knappe Mehrheit für den Austritt.

Unterdessen bemüht sich May laut "Sunday Times" um einen bilateralen Vertrag mit Irland. Dieser soll das Problem der inneririschen Grenze lösen. Wie ein solcher Vertrag aber mit bereits geltendem EU-Recht vereinbar sein könnte und wie dieser trotz längst abgeschlossener Verhandlungen mit Brüssel noch berücksichtigt werden könnte, blieb unklar.

Nigel Farage, der ehemalige Chef der antieuropäischen Partei Ukip, arbeitet dem Telegraph zufolge an einer Werbekampagne zur Durchführung eines zweiten Brexit-Referendums. Motto: "Leave is Leave" (Austritt bedeutet Austritt).

May lehnt all diese Pläne nach wie vor rundweg ab und versucht den Brexit nach ihren Vorstellungen durchzuziehen – und zwar bis zum geplanten Termin am 29. März. (Gianluca Wallisch, 20.1.2019)