Die österreichische Zahnbürste, die verspricht, die Zähne in zehn Sekunden zu putzen, hat sich bei bisherigen Tests als nicht funktional erwiesen.

Foto: amabrush

Zähne putzen in nur zehn Sekunden: Mit diesem Versprechen für flottere Mundhygiene konnte das österreichische Start-up Amabrush 2017 zahlreiche Internetnutzer begeistern. 4,65 Millionen Euro konnte man über die Crowdfunding-Plattform Indiegogo einnehmen, weitere 3,2 Millionen holte man sich auf Kickstarter.

Im Oktober begann schließlich offiziell die Auslieferung der Geräte. Reibungsfrei verlief das allerdings nicht. Bald gab es Beschwerden darüber, dass die ausgelieferten Bürsten gar nicht oder nur unzureichend funktionierten. Nutzer führten auch Tests mit Kariesfärbetabletten durch, die ernüchternde Ergebnisse brachten. Ein Käufer zerlegte seine Zahnbürste und schlussfolgerte, dass die eingesetzte Unwucht zu schwach sei, um eine angemessene Putzleistung per Vibration zu ermöglichen.

Amabrush im Test: Funktioniert die Wunderzahnbürste aus Österreich wirklich?
DER STANDARD

Bei Test der Universitätsklinik Wien durchgefallen

Drei Monate später steht das Unternehmen immer noch in der Kritik. Käufer klagen über ausbleibende Lieferungen und verweigerte Rückerstattungen. Zeitgleich veröffentlicht der ORF in einer aktuellen Reportage einen ersten Test durch die Universitätsklinik Wien. Einer der dort tätigen Ärzte, Hady Hariran, gibt an, vor zwei Jahren von dem Unternehmen kontaktiert worden zu sein. Er erklärte der Firma damals, worauf es beim Zähneputzen ankommt.

Der Plaquetest in der Klinik erwies sich jedoch als ernüchternd. "Ich würde mit dem hier getesteten Gerät Patienten sicher keine Empfehlung abgeben, das normale Zähneputzen durch die Amabrush zu ersetzen", sagte Klinikleiter Andreas Moritz. Auch nach mehreren Anläufen blieben die Zähne schmutzig. Selbst wenn die Amabrush wie angegeben funktioniere, würde eine effiziente Putztechnik durch die universelle Größe des Geräts erschwert werden. Zudem fehle eine Reinigung der Zahnzwischenräume.

Kein Update seit Dezember

Zuletzt lieferte Amabrush im November und Dezember Updates zum aktuellen Stand. Zuerst kündigte man an, dass man spätestens im Jänner alle per Crowdfunding finanzierten Geräte in den Versand geben werde. Dann folgte eine Erklärung, wonach es ein Problem mit dem Hersteller gibt. Man kündigte an, diesem ein Ultimatum hinsichtlich der Produktionsqualität und der wöchentlich hergestellten Stückzahl stellen zu wollen. Was seitdem geschah, ist zumindest öffentlich nicht ersichtlich.

Anzeige gegen Geschäftsführer erstattet

Die Erlebnisse rund um ihre Amabrush-Finanzierung dokumentieren zahlreiche User in einer eigenen Facebook-Gruppe. Sie sind fast ausschließlich negativ – Nutzer sprechen davon, klagen zu wollen. Die Staatsanwaltschaft Wien gibt gegenüber dem STANDARD an, dass es bereits eine Anzeige gegen Amabrush-Geschäftsführer Marvin Musialek wegen Betrugs gegeben habe. Aufgrund eines nicht ausreichenden Anfangsverdachts wurde diese aber nicht weiter verfolgt. Dass es Anzeigen gegen das Unternehmen selbst gegeben habe, konnte nicht bestätigt werden.

CEO: Großteil der Kunden nutzt Amabrush "täglich"

Musialek erklärt auf Anfrage des STANDARD, dass ein so "düsteres Bild", wie es die Nachrichten vermuten ließen, nicht nachvollziehbar sei. Überproportional viele Kunden würden laut eigenen Zufriedenheitsumfragen das Produkt täglich nutzen. Die meisten Mängel seien auf eine Version der Amabrush zurückzuführen, die "nicht mehr produziert wird". Zudem gebe das negative Online-Feedback eine verzerrte Darstellung der Realität. Eine Anzeige liege nicht vor. Die bisherigen Vorbestellungen sollen bis Anfang April weltweit ausgeliefert werden.

DER STANDARD hat bereits im Sommer um ein Testgerät angefragt, wurde bisher aber mehrfach auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet. (gpi, muz, 23.1.2019)