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Die zuständige Sozialkommissarin Marianne Thyssen kündigte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich an.

Foto: REUTERS/Yves Herman

Brüssel – Die EU-Kommission hat wegen der Indexierung der Familienbeihilfe wie erwartet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Das gab die zuständige Sozialkommissarin Marianne Thyssen am Donnerstag in Brüssel bekannt.

Die Kommissarin bezeichnete die Indexierung als "zutiefst unfair". Es gebe "keine Arbeiter zweiter Klasse, und es gibt keine Kinder zweiter Klasse in der EU". Die Maßnahme, die Österreich gesetzt habe, verhindere nicht einen "Sozialtourismus", sondern treffe diejenigen, die zum österreichischen Sozialsystem beitragen. Die EU-Kommission habe immer klargemacht, dass es gleiche Leistungen für gleiche Beiträge am selben Platz geben müsse.

Die Analyse der EU-Kommission habe nun erneut bestätigt, dass die österreichische Gesetzgebung nicht im Einklang mit EU-Recht stehe. Thyssen stellte auch die Frage in den Raum, was nach einer Indexierung der Familienbeihilfe noch komme – etwa die Einschränkung von Pensionszahlungen in der EU?

Bogner-Strauß gelassen

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hat sich gelassen gezeigt. Dieses müsse in der "richtigen Relation" gesehen werden und sei nichts Unübliches, sagte die Ressortchefin am Donnerstag. "Es steht der Kommission frei, die Indexierung der Familienbeihilfe zu überprüfen. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die von uns gewählte Lösung mit europäischem Recht vereinbar ist", so Bogner-Strauß. Auch FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky gibt sich betont gelassen. Via Aussendung lässt er die Kommission wissen, ihre Argumentation falsch sei. Familienbeihilfe werde nicht aufgrund von Erwerbstätigkeit bezahlt, sondern seien vom Wohnort des Kindes bei einem Elternteil abhängig, erklärt der blaue Generalsekretär.

Vertragsverletzungsverfahren drohen immer dann, wenn der Verdacht besteht, dass ein Staat EU-Regeln nicht korrekt anwendet – gegen Österreich sind derzeit fast 70 Verfahren anhängig, gegen Deutschland 80. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn durch die nationale Rechtslage heimische Unternehmen gegenüber konkurrierenden Branchenkollegen aus anderen Mitgliedsländern bevorzugt werden. Nicht zu verwechseln sind die Vertragsverletzungsverfahren mit Artikel-7-Verfahren, die deutlich seltener eingeleitet werden (mehr dazu hier).

Seit Anfang des Jahres in Kraft

Die umstrittene Verordnung der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zur Anpassung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder ist am 1. Jänner in Kraft getreten. Damit wurde diese finanzielle Unterstützung an die Lebenserhaltungskosten in jenem Land angepasst, in dem das Kind von in Österreich Beschäftigten lebt. Für Staatsangehörige aus vielen osteuropäischen EU-Staaten, die in Österreich arbeiten und Kinder in ihren Heimatländern haben, bedeutet das eine Kürzung. (red, schub, APA, 24.1.2019)