Markt in Bagdad: Der Iran exportiert auch Waschmaschinen.

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Brüssel – Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben nach monatelangen Verhandlungen eine Zweckgesellschaft gegründet, um die wiedereingeführten US-Sanktionen gegen den Iran zu umgehen. Das wurde am Donnerstag bekannt. Die Gründung von Instex dürfte nach Einschätzung von Experten allerdings nicht ausreichen, um den Handel mit dem Iran wirklich wieder anzukurbeln.

Zunächst werden darüber wohl vor allem Lebensmittel-, Medikamenten- und andere Hilfslieferungen abgewickelt werden. Das Ölgeschäft mit dem Iran, das durch die US-Sanktionen schwer getroffen wurde, wird dagegen nicht davon profitieren. "Es wird die Lage nicht dramatisch verändern, aber es sendet eine wichtige politische Botschaft an den Iran, dass wir entschlossen sind, das Atomabkommen zu retten – und auch an die USA, um zu zeigen, dass wir unsere Interessen gegen ihre extraterritorialen Sanktionen verteidigen", sagte ein EU-Diplomat. Bei einem Treffen in Paris wollen die Europäer und Vertreter des Iran kommende Woche Details besprechen.

Kneissl: Nicht für große Firmen

Die Gesellschaft mit dem Namen Instex (Instrument in Support of Trade Exchanges, Mittel zur Unterstützung des Handelsaustauschs) ist laut Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) vor allem für Klein- und Mittelbetriebe wichtig. "Für die ganz großen Firmen, für die großen Energiekonzerne wird dieses SPV (Special Purpose Vehicle) meines Erachtens nicht der richtige Weg sein", sagte Kneissl am Donnerstag bei einem EU-Außenministertreffen in Bukarest und verwies auf das geringe Volumen der Zweckgesellschaft und auf das Konzept.

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn sagte, die Zweckgesellschaft könne technisch betrachtet unter Umgehung der US-Sanktionen funktionieren. "Es ist ein Angebot. Ob es die Firmen annehmen, ist ein Zweites. Aber es ist wichtig, dass wir ein Angebot und eine Struktur geschaffen haben, die das grundsätzlich ermöglicht."

Trump kündigte Atomabkommen

Instex soll dazu beitragen, das von US-Präsident Donald Trump im Mai aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran zu retten. Die EU hält an dem Abkommen aus dem Jahr 2015 fest und sucht nach Wegen, trotz der US-Sanktionen die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran aufrechtzuerhalten.

Der Iran begrüßte die Gründung von Instex am Donnerstag als ersten Schritt der EU, ihre Verpflichtungen aus dem Atomabkommen auch nach dem US-Ausstieg zu erfüllen. Die US-Botschaft in Berlin wiederholte dagegen die Drohung mit drastischen Strafmaßnahmen gegen alle, die weiter mit Sanktionen belegte Geschäfte mit dem Iran machen. Etliche europäische Unternehmen hatten sich in den vergangenen Monaten aus Furcht vor Konsequenzen für ihr US-Geschäft aus dem Handel mit dem Iran zurückgezogen.

Mit der formalen Gründung der Finanzgesellschaft "haben wir jetzt erst mal einen Schritt gemacht", verlautete aus deutschen Regierungskreisen. Chef der Einrichtung wird der frühere deutsche Commerzbank-Manager und Zentralasien-Experte Per Fischer, hieß es.

Sitz in Paris

Einen Eintrag im französischen Handelsregister über die Gründung von Instex hatte das Amtsblatt "Affiches Parisiennes" bereits am Mittwoch veröffentlicht. Demnach hat die Gesellschaft ihren Sitz in Paris, Fischer wird als Präsident genannt. Das bestätigten EU-Diplomaten in Bukarest. Im Aufsichtsrat sitzen dem Handelsregister zufolge Vertreter Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens, die Mitunterzeichner des Atomabkommens sind. Andere EU-Länder sollen sich in einer zweiten Phase anschließen können.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini begrüßte die Gründung von Instex. Damit werde "legitimer Handel mit dem Iran" trotz US-Wirtschaftssanktionen ermöglicht. Dafür gebe es von EU-Seite volle Unterstützung, sagte Mogherini am Donnerstag.

Deutsche Industrie zufrieden

Positiv reagierte auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die Initiative sei "Ausdruck der Verlässlichkeit der europäischen Partner im internationalen Handel", erklärte Stefan Mair, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Allerdings seien "zentrale Fragen" wie die Abhängigkeit der Finanzgesellschaft von dem mit US-Sanktionen belegten iranischen Öl- und Gasgeschäft noch ungeklärt.

Instex soll auf das Problem reagieren, dass Banken, die bisher Transaktionen mit dem Iran abwickelten, fürchten müssen, selbst Ziel der US-Sanktionen zu werden. Die geplante Zweckgesellschaft soll deshalb dazu dienen, die Exporte europäischer Firmen mit iranischen Ausfuhren zu verrechnen. Praktisch kommt das einer Tauschbörse gleich: Der Iran bekommt kein Geld für seine Exporte, sondern Waren.

Die Tragweite der abgewickelten Geschäfte dürfte zumindest vorerst begrenzt bleiben. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Montag gesagt, die Gesellschaft ziele auf den Handelsbereich "außerhalb der Sanktionen der Vereinigten Staaten". Diplomaten zufolge könnte es vor allem um die Lieferung humanitärer Güter wie Medikamente aus Europa gehen.

Gleichzeitig versucht die EU die Zweckgesellschaft in ihre kritische Gesamthaltung gegenüber dem Iran einzubinden. Geplant ist eine gemeinsame Erklärung aller EU-Staaten zum Iran. Sie konnten sich nun auf einen gemeinsamen Entwurf einigen, wie die französische Nachrichtenagentur AFP erfuhr. In der Erklärung zeigen sich die Europäer nach AFP-Informationen beunruhigt über das iranische Raketenprogramm und über die Rolle Teherans in Konflikten wie in Syrien und im Jemen. Sie prangern auch Anschläge auf iranische Oppositionelle in Europa an.

Die EU will mit der Erklärung auch Kritik aus den USA abwehren, wo Trump gerade seine unversöhnliche Haltung gegenüber dem Iran bekräftigt hat. "Es ist wesentlich, unseren amerikanischen Kollegen zu zeigen, dass wir uns in dieselbe Richtung bewegen", sagte Belgiens Außenminister Didier Reynders in Bukarest. (red, APA, AFP, 31.1.2019)