Gute Freunde kann niemand trennen, auch nicht der Staatsanwalt. Am Freitag feiert der geschasste Festspielintendant Kuhn anlässlich Haselsteiners 75. Geburtstags sein Comeback in Erl.

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Innsbruck/Erl – Am Freitag feiert Hans Peter Haselsteiner seinen 75. Geburtstag. Zu diesem Anlass lädt der Industrielle, der sich gern in der Rolle des Mäzens sieht, ins Festspielhaus nach Erl in Tirol ein. 157 Gäste habe er zu dieser Feierlichkeit gebeten, bestätigt der Präsident der Tiroler Festspiele Erl gegenüber dem STANDARD: "Davon sind 24 Mitglieder meiner Familie und allerengste Freunde, 92 Orchestermusiker und 41 Mitarbeiter der Tiroler Festspiele Erl." Haselsteiner hat wenig Freude damit, dass sein Geburtstagsfest Thema in den Medien ist, wie er sagt. Doch er hat es nicht zuletzt selbst dazu gemacht.

Denn einer dieser 157 Gäste ist der ehemalige Intendant der Tiroler Festspiele Erl, Gustav Kuhn. Gegen ihn läuft ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft wegen Vorwürfen mehrerer Musikerinnen, die er in Erl sexuell belästigt haben soll. Kuhn bestreitet dies, und sein Freund Haselsteiner hielt über Monate zu ihm. Bis auch er dem öffentlichen Druck ob der Anschuldigungen nachgeben musste und Kuhn sowohl als Intendanten als auch Dirigenten in Erl suspendierte.

Rasches Comeback des "Maestros"

Das war im September des Vorjahres. Nur rund vier Monate später feiert der "Maestro", wie sich Kuhn gern selbst nennt, jetzt sein Comeback am Dirigentenpult in Erl. Er wird am Freitag für seinen Freund und Gönner Haselsteiner dirigieren. Für die Frauen, die Kuhn beschuldigen, ist das ein "ganz arges Zeichen", wie der Tiroler Blogger Markus Wilhelm sagt. Er war es, der mit seinen Recherchen die Causa Erl ins Rollen gebracht hat.

Dafür zahlt der Ötztaler einen hohen Preis. Kuhn, Haselsteiner und dessen Anwalt Michael Krüger überschütten Wilhelm mit Klagen, um ihn zum Schweigen zu bringen. "Aktuell sind elf Klagen anhängig, im Februar stehen fünf Verhandlungen an", versucht der Aufdecker den Überblick zu bewahren. Bisher habe ihn die Klagsflut rund 70.000 Euro gekostet, sagt Wilhelm. Einschüchtern lasse er sich aber nicht.

Feier als Privatsache?

Haselsteiner betont, dass die Geburtstagsfeier in Erl seine Privatveranstaltung sei, und beschwert sich, dass ihm seine Kritiker nicht einmal diese Privatsphäre zubilligen. Dem widerspricht Oppositionspolitiker Markus Sint von der Liste Fritz, der kommende Woche die Causa Erl im TirolerLandtag zum Thema machen will.

"Im Festspielhaus Erl stecken 16 Millionen Euro Steuergeld, jeweils acht Millionen vom Bund und acht Millionen vom Land Tirol, es ist also nicht das Festspielhaus einer Privatperson, sondern eine mit sehr viel öffentlichem Geld mitfinanzierte Kultureinrichtung", sagt Sint.

Haselsteiner sieht das anders, weshalb er auch für seine Feier keine Miete in Erl zahlen werde. Seine Privatstiftung sei Eigentümer der Anlage, obwohl die Baukosten zu 20 Prozent von der öffentlichen Hand getragen wurden: "Dafür haben die beiden Gebietskörperschaften keine Eigentumsrechte erlangt." Haselsteiner und Kuhn haben die Glaubwürdigkeit der Frauen, die die Anschuldigungen namentlich und vor Gericht bestätigten, wiederholt in Zweifel gezogen. Der Ex-Dirigent versuchte zudem, die Vorwürfe zu bagatellisieren, indem er behauptete, es seien "Missverständnisse" gewesen.

Welche Wahrheit?

Auf die Frage, warum er die Frauen offenbar nicht ernst nehme, sagt Haselsteiner: "Ich kann nicht beurteilen, ob und welche der Frauen die Wahrheit sagt oder nicht. Sollten sie es aber mit der Wahrheit tatsächlich nicht so genau nehmen, diese verdrehen und Ähnliches mehr, sollten sie sich hoffentlich dafür schämen." Für Wilhelm hat diese Argumentation System: "Kuhn in Erl auftreten zu lassen, ist ein bewusster Affront Haselsteiners. Er geht immer etwas über die rote Linie, er ist alles andere als liberal." (Steffen Arora, 31.1.2019)