Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein will bei der Mindestsicherung nachschärfen.

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Wien – Den Vorwurf der sozialen Kälte, der der türkis-blauen Regierung immer wieder gemacht werde, wies Sozialministerin Beate Hartinger-Klein zurück: "Ich muss nicht Wärme ausstrahlen. Ich bin die Wärme, weil mir die Menschen wichtig sind." Dieser bemerkenswerte Satz fiel am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit tat die blaue Sozialministerin dort auch eine bemerkenswerte Personalentscheidung kund: Die ORF-Moderatorin Vera Russwurm werde die neue Gesundheitskoordinatorin der Bundesregierung. Das musste erst der freiheitliche Kommunikationschef Heimo Lepuschitz bestätigen, ehe es geglaubt wurde.

Die Talkmasterin Russwurm, die im ORF derzeit das Format Vera – Das kommt in den besten Familien vor moderiert, soll in Hartinger-Kleins Auftrag Bewusstseinsbildung in Sachen Bewegung und gesunde Ernährung betreiben.

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Den Forderungen Wiens nach einer grundsätzlichen Überarbeitung des derzeit vorliegenden Entwurfs für die Reform der Mindestsicherung erteilte Hartinger-Klein eine Absage.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte am Samstag, "wir können uns schwer vorstellen, solch ein Gesetz umzusetzen", er gehe davon aus, dass der Entwurf der Bundesregierung zur Mindestsicherung "so nicht kommen wird". Er sei mit der Bundesverfassung und EU-Recht nicht vereinbar.

Nur ein "Feinschliff"

Die Sozialministerin ist allerdings nur zu einem "Feinschliff" bereit, und dieser betreffe vor allem die Erläuterungen und Erklärungen – sowie "einige "Kleinigkeiten". Die vorgesehenen Verschlechterungen für entlassene Häftlinge und Wohngemeinschaften mit Behinderten wolle man noch adaptieren. Bei bedingten Haftstrafen will die Ministerin auf die im Entwurf vorgesehene Streichung für die Dauer der Freiheitsstrafe verzichten. Darüber verhandelt sie gerade mit der ÖVP.

Keine Bereitschaft zur Änderung zeigte Hartinger-Klein aber bei der Kernforderung der SPÖ hinsichtlich der Familien. Aus ihrer Sicht bringe die Neuregelung, die eine starke Kürzung der Kinderzuschläge vorsieht, "keine Härte bei Kindern".

Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker reagierte verhalten auf die Aussagen Hartinger-Kleins. "Ich bin es nicht gewohnt, mit Ankündigungen zu arbeiten, sondern mit Fakten. Ich warte daher ab, was sie zu Papier bringt", sagte Hacker am Sonntag im Gespräch mit dem STANDARD. Zuletzt hatte der Stadtrat das türkis-blaue Vorhaben weit schärfer kritisiert und angekündigt, dass Wien den Entwurf zur Mindestsicherung so nicht umsetzen werde.

Dass Hartinger-Klein bei der Neuregelung "keine Härte bei Kindern" sehe, kommentierte Hacker ausweichend. Nach der Begutachtungsfrist sei ein Termin zwischen Hartinger-Klein und den Soziallandesräten vereinbart. "Da werden wir das besprechen."

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Hartinger-Klein kündigte am Sonntag einen Rechtsanspruch auf den Papamonat auch in der Privatwirtschaft "so rasch als möglich" an sowie die Erhöhung des Pflegegeldes "sicher" schon ab Stufe 3. Über beide Themen sei sie mit der ÖVP in Verhandlungen. Auch eine Anpassung für die Stufen 1 und 2 "können wir uns ansehen", das hänge jedoch vom Finanzminister ab. (David Krutzler, Michael Völker, 3.2.2019)