Die Ärztin Edda Winkler-Pjrek in der AKH-Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen. Mittlerweile ist jeder 40. bis 50. Österreicher davon betroffen. Die Leuchte vor ihr schafft Abhilfe gegen das Leiden.

Foto: Nathan Murrell
  • Dieser Artikel erscheint im Rahmen eines Schwerpunkts im RONDO zum Thema Licht.


Foto: Nathan Murrell

"Zu uns in die Lichttherapieambulanz am Wiener AKH kommen Menschen mit einer sogenannten Herbst-Winter-Depression. Wir verschreiben ihnen nach der entsprechenden Diagnose ein Lichtgerät, das sie für einen Monat nach Hause nehmen können. Dort lassen sie sich täglich mindestens eine halbe Stunde von der Lampe mit 10.000 Lux bestrahlen. Die Lichtstärke ist mit einem hellen, sonnigen Tag zu vergleichen.

Die Hälfte der Patienten kommt gut mit dieser Behandlung zurecht und benötigt keine zusätzlichen Medikamente. Wie sich das Leiden zeigt? Die Betroffenen sind meistens den ganzen Tag müde und antriebslos, haben mehr Appetit als sonst. Das liegt daran, dass ihr Melatoninspiegel am Tag zu hoch ist. Dieses Hormon wird in der Zirbeldrüse im Zwischenhirn produziert. Das weiße Licht der Leuchte gelangt über die Augen und eine Nervenbahn zu dieser Drüse und bremst die Melatoninproduktion. Ebenso wie es das Licht der Sonne tut. Mit einem Mangel an Vitamin D, an dem wir im Winter alle leiden, hat die Depression nichts zu tun. Farben spielen bei der Lichttherapie übrigens eine untergeordnete Rolle. Das weiße Licht ist das beste.

Erstmals 1984 diagnostiziert

Diagnostiziert wurde die Herbst-Winter-Depression erstmals 1984 von einem gewissen Norman E. Rosenthal. Dabei wurde sie schon Hippokrates beschrieben. Warum auch diese Form der Depression zugenommen hat, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist es ein Problem der Wohlstandsgesellschaft und hat mit Leistungsdruck zu tun. Sehr viele Menschen stehen im Winter auf, wenn es noch dunkel ist, arbeiten den ganzen Tag und kommen nach Hause, wenn es bereits wieder dunkel ist.

Das dürfte auch der Grund sein, warum bei uns keine Pensionisten vorbeischauen. Die schlafen in der Regel länger und stehen auf, wenn es draußen bereits hell ist. Der Winter ist eine Jahreszeit, in der man von Natur her mit Energien mehr haushalten sollte, als zu anderen Zeiten. Mittlerweile muss man in dieser Gesellschaft allerdings das ganze Jahr gleich gut funktionieren. Das war nicht immer so.

Juli-Licht

Inzwischen ist hierzulande jeder 40. bis 50. Mensch von dieser Depression betroffen. Frauen leiden häufiger daran als Männer. Man vermutet hormonelle Unterschiede und konstitutionelle Unterschiede in bestimmten Botenstoffsystemen.

Ich selbst empfinde die Bestrahlung als nicht angenehm, ich fühle mich dabei geblendet. Aber ich leide auch nicht unter einer Herbst-Winter-Depression. Ich halte es überhaupt ganz gut während der weniger lichtreichen Jahreszeit aus. Mein absolutes Lieblingslicht ist dennoch jenes, das an langen sonnigen, grellen und heißen Julitagen scheint. Von diesen Lichtbädern kann ich gar nicht genug bekommen. Das ist meine Lichtzeit. Mein Problem im Winter sind eher die Temperaturen. Aber jeder ist anders.

Zu Hause mag ich es bezüglich Beleuchtung eher konservativ, ich habe einige Kristallluster an der Decke hängen und bin immer auf der Suche nach den guten alten Glühbirnen mit ihrer einzigartigen Lichtfarbe. Kein einziges, modernes Leuchtmittel ist in der Lage, solch warmes und romantisches Licht zu erzeugen. Ich habe es schon mit allen möglichen Leuchtmitteln versucht, Halogen, LED et cetera. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, denn es werden weitere Technologien entwickelt werden, die schöneres und helleres Licht in unsere dunkle Winterzeit bringen können." (Michael Hausenblas, RONDO, 15.2.2019)