Die EU-Kommission hatte 2016 grünes Licht für die deutsche Maut gegeben, Österreich klagte im Jahr 2017 beim EuGH.

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Luxemburg/Wien – Österreich hat mit seiner Klage gegen die deutsche Pkw-Maut am Mittwoch beim EuGH eine Niederlage erlitten. Der EuGH-Generalanwalt schlug vor, die Klage Österreichs abzuweisen. Ein Urteil, das üblicherweise in 80 Prozent dem Schlussantrag des Generalanwalts folgt, wird frühestens in einigen Wochen erwartet.

Konkret betont der EuGH-Anwalt, dass das Vorbringen Österreichs, das sich auf eine angebliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit stützt, auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs Diskriminierung beruhe.

EuGH dürfte Klage gegen deutsche Maut zurückweisen.
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Die österreichische Regierung ist der Ansicht, dass die sogenannte Infrastrukturabgabe ausländische Fahrer verbotenerweise diskriminiert, weil deutsche Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden. Die Niederlande hatten sich der Klage angeschlossen. Die EU-Kommission hatte 2016 nach langem Ringen grünes Licht für die deutsche Maut gegeben, Österreich klagte im Jahr 2017 beim EuGH.

Hofer will deutsches Modell für Österreich prüfen

Der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) will die Anwendung des deutschen Pkw-Mautmodells für Österreich prüfen, wenn Österreichs Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) scheitert. Den heute veröffentlichten negativen Schlussantrag des EuGH-Generalanwalts zur Klage will Hofer im Detail prüfen.

"Die Letztentscheidung liegt bei den Richtern. In der Regel folgen aber die Richter der Empfehlung des Generalsanwalts", so Hofer am Donnerstag in einer Aussendung. Wenn der EuGH erlaube, bei der deutschen Pkw-Maut ausländische Verkehrsteilnehmer stärker finanziell zu belasten und gleichzeitig deutsche Autofahrer zu entlasten, dann "sollte auch Österreich das tun", sagte Hofer. Dieses Modell könne man auch auf andere Bereiche anwenden, etwa bei Universitäts-Studiengebühren.

Deutsche Kritik an österreichischer "Maut-Maulerei"

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht keinen Anlass mehr für Widerstand aus Österreich. "Die Maut-Maulerei der Österreicher muss jetzt endlich ein Ende haben", sagte Dobrindt am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Der angestrebte Systemwechsel von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung nach dem Prinzip "Wer nutzt, der zahlt, aber keiner zahlt doppelt" werde vom Generalanwalt voll bestätigt. Dobrindt hatte das Mautmodell – ein Prestigeprojekt der CSU – als deutscher Verkehrsminister durchgesetzt.

Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat erleichtert auf die positive Einschätzung des EuGH-Generalanwalts reagiert. Dieser bestätige die Rechtsauffassung, dass es keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gebe, sagte Scheuer am Mittwoch. "Die Maut ist europarechtskonform."

Die Einschätzung des Gutachters sei ein nächster wichtiger Schritt, um das Mautsystem im Oktober 2020 zum Laufen zu bringen. Die Nutzerfinanzierung durch alle, die die Straßen nutzten, sei richtig und schaffe Gerechtigkeit.

Auch bei "Nullreduzierung" muss gezahlt werden

Der Generalanwalt räumte ein, dass die Höhe der Kfz-Steuer, die von den Fahrzeughaltern inländischer Fahrzeuge zu entrichten sei, dank der Steuerentlastung geringer sein werde als in der Vergangenheit. Aber selbst wenn die Steuerentlastung eine "Nullreduzierung" der Kraftfahrzeugsteuer zur Folge hätte, was laut Anwalt nicht der Fall sei, wäre jeder ausländische Fahrer verpflichtet, für die Benutzung deutscher Autobahnen einen Beitrag zu zahlen, der höchstens so hoch wäre wie jener, der von den Haltern inländischer Fahrzeuge zu zahlen wäre.

Zur behaupteten Verletzung des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs stellt der Generalanwalt fest, dass Österreich im Hinblick auf eine mögliche Auswirkung der Infrastrukturabgabe auf den grenzüberschreitenden Handel keinerlei Nachweise erbracht habe. Es gebe keine Anhaltspunkte, die auf eine Behinderung des Marktzugangs hindeuten könnten. Eine Auswirkung auf die Verkehrsfreiheiten scheine daher ungewiss bzw. allenfalls mittelbar zu sein.

Mit Benutzer- und Verursacherprinzip im Einklang

Darüber hinaus stehe die deutsche Infrastrukturabgabe mit zwei anerkannten Dogmen der EU-Verkehrspolitik im Einklang, wonach die Kosten im Zusammenhang mit der Benutzung von Verkehrsinfrastrukturen auf dem "Benutzerprinzip" und dem "Verursacherprinzip" beruhen. Österreich habe auch keine weniger günstige Behandlung darlegen können, die die in Rede stehenden Maßnahmen für die Fahrer ausländischer Fahrzeuge bedeuten würden. Der zwei Milliarden schwere Auftrag zur Erhebung der Maut wurde im Dezember vom Bund an den deutschen Konzertkartenanbieter CTS Eventim und Kapsch TrafficCom vergeben. (red, APA, 6.2.2019)