Frau M. mit Teilen ihres Hab und Guts im Self-Storage.

Foto: Klaus Pichler/Wien Museum

Die beiden Schultüten hat Frau M. für ihre Töchter gebastelt. Auf Leonas ist ein Pinguin aufgemalt, Livias Tüte zieren Herzen. Mittlerweile sind die Töchter erwachsen. Von den Erinnerungsstücken will sich M. dennoch nicht trennen. Nun haben sie es sogar in eine Vitrine des Musa, einer Außenstelle des derzeit geschlossenen Wien Museums, geschafft. Dort ist ab heute eine Ausstellung unter dem Titel "Wo Dinge wohnen. Das Phänomen Self-Storage" zu sehen.

Leonas und Livias Schultüten verstaut M. nämlich normalerweise in einem solchen Self-Storage-Abteil. Sie hat es vor acht Jahren angemietet, als sie von einer großen Altbauwohnung in eine kleinere Neubauwohnung gezogen ist. Stauraum war plötzlich Mangelware. Neben Erinnerungsstücken an ihre Kinder hebt sie dort Sportequipment, alte Möbel, sowie Fotoalben und Dokumente ihrer Vorfahren auf. Alle sechs Wochen kommt sie vorbei, um Dinge abzuholen oder neu einzulagern. Im Winter kramt sie die Ski hervor, im Sommer das Fahrrad.

Im Durchschnitt sind die Abteile sechs Quadratemeter groß.
Foto: Klaus Pichler/Wien Museum

M. steht exemplarisch für die tausenden Menschen in Wien, die mittlerweile externe Abteile anmieten, um zusätzlichen Stauraum zu generieren. Sechs Personen werden im Musa mittels Videoporträts und dem Zurschaustellen ihres Hab und Guts näher vorgestellt. Gründe, warum Menschen plötzlich zusätzlichen Stauraum benötigen, können Trennungen, Auslandsaufenthalte oder Erbschaften sein.

Der Trend externer Lagerräume kommt aus den USA. In Wien eröffnete 1999 der Erste dieser Art. Nun stehen an 60 Standorten von 15 Anbietern rund 95.000 Quadratmeter zur Verfügung. Es gibt drei Formen: Containeranlagen in der Peripherie, extra gebaute Häuser, die nur solche Abteile beinhalten, und zunehmend auch ehemalige Geschäftslokale im Erdgeschoß von Wohnhäusern, wo die Scheiben mit Werbung für diese Storages verklebt sind. Im Schnitt sind die Abteile sechs Quadratmeter groß. Die monatliche Miete für einen Quadratmeter beträgt zwischen acht und 38 Euro – je nach Mietdauer.

Sportsachen, Möbel und Dokumente: Das alles hat im Abteil Platz.
Foto: Klaus Pichler/Wien Museum

Geht man mit wachen Augen durch die Stadt, sei der Trend kaum zu übersehen, beschreibt Kuratorin Martina Nußbaumer ihre Motivation, sich damit auseinanderzusetzen. Auch mit der Frage: "Haben wir zu viele Dinge oder gibt es immer weniger Platz?" Damit kommt unweigerlich die japanische Aufräumerin Marie Kondo ins Spiel. Wobei diese ja zum Wegwerfen rät, nicht zum Horten.

Die Ausstellung erzählt aber nicht nur über den Umgang mit Gegenständen, sondern reflektiert auch über Stadt- und Raumplanung. Es fallen interessante Zahlen. Etwa, dass jährlich 20 Prozent der Wiener umziehen. Das liegt auch daran, dass die Zahl der befristeten Mietverträge steigt. Oder dass die durchschnittliche Wohnnutzfläche erstmals seit 50 Jahren in letzter Zeit wieder leicht sinkt. 34 Quadratmeter stehen pro Bewohner zur Verfügung.

Self-Storages sind Teil des Stadtbildes.
Foto: Klaus Pichler/Wien Museum

Nußbaumer sieht Self-Storages nicht nur als "Gewinn von Raum", sondern auch als "Gewinn von Zeit". Man hat Zeit zu überlegen, was man mit den Sachen tut.

Auf eine Parallele weist Museumsdirektor Matti Bunzl hin. Das Wien Museum verstaut aufgrund des Umbaus derzeit das Inventar in Boxen, um sie in Depots zu lagern. Dass die Ausstellung im Ausweichquartier in der Felderstraße just das Lagern zum Thema habe, ist dennoch Zufall. (Rosa Winkler-Hermaden, 14.2.2018)