Bild nicht mehr verfügbar.

Wladimir Putin ist Gastgeber in Sotschi.

Foto: AP/Klimentyev

Russland und die Türkei wollen die Situation im syrischen Idlib gemeinsam "entscheidend stabilisieren". Das gaben die Verteidigungsminister beider Länder gestern in Ankara bekannt. Hulusi Akar und sein Kollege Sergei Shoigu konkretisierten aber nicht, was sie genau darunter verstehen. Die Erklärung kommt im Vorfeld des Gipfeltreffens im russischen Sotschi, wo sich am Donnerstag die Präsidenten der Türkei, des Iran und Russlands treffen wollen: Tayyip Erdoğan, Wladimir Putin und Hassan Rohani wollen über die Lage in Syrien beraten. Erst vergangene Woche hatte Moskau von der Türkei ein entschiedeneres Vorgehen gegen Jihadisten in einigen Provinzen Syriens gefordert.

In der Region Idlib hat etwa die radikal-islamische Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die der Al-Kaida nahesteht, die Oberhand gewonnen. Sie geht dabei gegen gemäßigte Rebellengruppen vor, die von der türkischen Armee bisher unterstützt wurden. Momentan sollen rund 70 Prozent der Provinz unter Kontrolle der HTS stehen.

Im September 2018 hatten Russland und die Türkei einen Deal vereinbart, wonach die türkische Armee dafür sorgt, dass die Rebellen in Idlib ihre schweren Waffen abgeben und Jihadisten die Provinz verlassen. Dafür unterließ die Armee von Machthaber Bashar al-Assad einen Angriff auf das Territorium. Russland erwartet also von der Türkei, dass diese die HTS dazu bringt, ihre Waffen abzugeben.

Assads Truppen wiederum würden das Territorium gerne zurückerobern, sind dabei aber von russischer Zustimmung abhängig. Doch Moskau will das Verhältnis zu Ankara nicht verschlechtern.

Letzte Rebellenhochburg

Idlib ist die letzte Region Syriens, die noch von Rebellengruppen gehalten wird. In der Region leben rund drei Millionen Menschen. Ankara befürchtet einen weiteren Flüchtlingsstrom, sollte Idlib von Assad-Truppen erobert werden. In der Türkei leben rund 3,5 Millionen syrische Flüchtlinge. Bisher verlief das Zusammenleben weitgehend reibungsfrei. Die Wirtschaftskrise und anstehende Kommunalwahlen Ende März führten aber zu einer Verschlechterung der Stimmung. Vor allem Oppositionsparteien setzen auf fremdenfeindliche Themen.

Auch in der weiter östlich gelegenen Region Manbij läuft es nicht nach Ankaras Vorstellungen. Zwar hatte Präsident Donald Trump im Dezember den Rückzug der US-Truppen angekündigt, bisher kommt der aber nicht in Gang. Auch sollen die USA weiterhin die YPG dort technisch unterstützen. Noch am 5. Februar sollen 400 Lkws die Stadt mit technischen Gerät und Waffen beliefert haben.

Erdoğan hatte am selben Tag gedroht, seine Geduld sei "nicht unendlich". Sollten die Terroristen die Region nicht innerhalb der kommenden Wochen verlassen, werde man die Offensive beginnen. Die Türkei will in der Region hunderttausende Bürgerkriegsflüchtlinge ansiedeln.

Militärisches Novum

Soigu und sein Kollege Akar betonten zwar überraschend, man sei sich in vielen Schlüsselfragen einig. Dazu gehöre auch, was mit der noch von YPG-Truppen besetzten Zone östlich des Euphrats geschehen soll. Sie konkretisierten das aber nicht.

Sollten die Türkei und Russland in Idlib militärisch gemeinsam vorgehen, wäre das ein Novum. Bisher verfolgten beide gegensätzliche Ziele. Während Russland Assad unterstützt, steht die Türkei aufseiten von Rebellengruppen, die aber militärisch kaum mehr eine Rolle spielen. Die Spannung zwischen beiden Staaten eskalierte, als die türkische Luftabwehr im November 2015 einen russischen Kampfjet abschoss. Moskau verhängte daraufhin Wirtschaftssanktionen, die Ankara empfindlich trafen. Erdoğan musste um Entschuldigung bitten. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 14.2.2019)