Es gibt nur wenige Möglichkeiten, das Immunsystem im Kampf gegen Bakterien und Viren zu unterstützen.

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Bakterien und Viren lauern überall. Auf Türgriffen, Treppengeländern, Wasserhähnen, Händetrocknern, Armlehnen und Fernbedienungen. Tag und Nacht versuchen sie, in den menschlichen Körper zu gelangen. Meist merken wir nichts davon, das Immunsystem arbeitet so effektiv, dass diese Angriffe auf die Gesundheit spurlos an uns vorüberziehen.

Das gilt allerdings nicht für alle. Manche Menschen überstehen quasi unbeschadet jeden Winter, andere leiden unter Dauerschnupfen. "Jeder hat genetisch bedingt ein individuelles Immunsystem. Je nachdem, mit welchen Immune-Response-Genen man ausgestattet ist, werden bei einer Infektion viele oder wenige Antikörper gebildet ", erklärt Hermann Wolf, Leiter der immunologischen Tagesklinik in Wien. Jeder Einzelne trägt demnach ein persönliches Repertoire an B- und T-Zellen – der weißen Blutzellen, die für die Bekämpfung von Erregern zuständig sind – in sich.

"Die beste Möglichkeit, das Immunsystem zu stimulieren, ist das Impfen. Mit nichts anderem können wir uns so einfach und so lange schützen, unabhängig von unserer genetischen Disposition", resümiert Wolf. Vereinfacht gesagt: Die Immunantwort verändert sich je nachdem, mit welchen Krankheitserregern der Körper in Kontakt kommt. "So wird die spezifische Abwehr trainiert, die gezielt bestimmte Erreger bekämpft. Das Immunsystem merkt sich den Eindringling und kann beim nächsten Mal rasch darauf reagieren", sagt Florian Thalhammer, Facharzt für Infektionen an der Med-Uni Wien.

Keine Wundermittel

Wer häufig von grippalen Infekten, Schnupfen, Husten und Halsschmerzen geplagt wird, versucht sein Immunsystem zu stärken. "Das funktioniert aber nicht durch die Einnahme von teils obskuren Pulverln und Tinkturen", betont Thalhammer. So wirkt etwa die Behandlung von Erkältungen mit Echinacea-Präparaten nicht besser als ein Placebo. Selbst das als Wundermittel gepriesene Vitamin D stärkt nicht das Immunsystem und hat keine präventive Wirkung auf typische Infektionen im Herbst und Winter. Zudem dürfte es weder die Symptome lindern noch die Dauer der Erkrankung verkürzen, wie eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2016 nahelegt. Auch die vorbeugende Einnahme von hochdosiertem Vitamin C gegen Erkältungen bringt nichts. Die durchschnittliche Krankheitsdauer lässt sich damit aber um bis zu einen Tag verringern.

Sich gesundschlafen

"Das Immunsystem an und für sich kann nur schwer angekurbelt werden", sagt Wolf. "Wissenschaftlich nachgewiesen sind nur wenige Stimulanzien wie die Vermeidung von ungesundem Stress und ausreichend Schlaf", ergänzt Thalhammer. Wie genau die nächtliche Bettruhe bestimmte Immunfunktionen beeinflusst, war bislang aber unklar. Forscher der Universität Tübingen und Lübeck konnten nun in einer aktuellen Studie den Mechanismus identifizieren, über den Schlaf das Immunsystem fördert.

In einem 24-stündigen Experiment zeigte sich, dass bereits nach drei Stunden ohne Schlaf die Funktion der T-Zellen beeinträchtigt ist. Ein Teil der Probanden durfte nachts für acht Stunden schlafen, die Kontrollgruppe blieb über den gesamten Zeitraum wach. Während des Experiments wurde den Teilnehmern regelmäßig Blut abgenommen. Die Wissenschafter untersuchten vor allem die Bindungsstärke der T-Zellen an das Molekül ICAM-1, das es ihnen ermöglicht, sich an andere Zellen anzuheften.

Dieser Mechanismus ist für ihre Funktion wichtig: "T-Zellen zirkulieren ständig im Blutkreislauf und suchen nach Erregern. Die Adhäsion an andere Zellen erlaubt ihnen dabei, im Körper zu wandern und beispielsweise an infizierte Zellen anzudocken, um sie anschließend zu beseitigen", erklärt Studienleiter Stoyan Dimitrov. Ohne Schlaf reduziert sich die Adhäsionsfähigkeit der T-Zellen deutlich, so das zentrale Ergebnis der Studie.

Trickreiche Schnupfenviren

Was noch hilft: Gute Laune. "Durch Lachen wird die Produktion der natürlichen Killerzellen und das Immunglobulin A angekurbelt. Dadurch können Virusinfektionen leichter abgewehrt werden", sagt Thalhammer.

Gegen die mehr als 200 unterschiedlichen Schnupfenviren kann sich jedoch niemand gänzlich schützen. Die Artenvielfalt der Viren ist es, die unsere körpereigene Abwehr regelmäßig überrascht. Zudem können Rhinoviren die Fresszellen so manipulieren, dass sich das Immunsystem den Kontakt mit den Krankheitserregern nicht merkt. Deshalb sind wir jedes Jahr wieder aufs Neue verschnupft. (Günther Brandstetter, 23.1.2020)