In Deutschland gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um für ein Ende des Werbeverbots für Abtreibung zu demonstrieren. In Österreich spricht die türkis-blaue Regierung indes über Einschränkungen der Wahlfreiheit.

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Wien – Eine von hochrangigen ÖVP- und FPÖ-Politikern unterstützte Petition, die den Schwangerschaftsabbruch bei schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung des Kindes auch nach dem dritten Monat einschränken will, stößt auf breiten Widerstand. "Keinen Millimeter zurück" und "Pro Choice is ois!" lautete am Freitag der Aufruf von Politikerinnen und Frauenrechtlerinnen.

Anlass ist die parlamentarische Bürgerinitiative #fairändern, die diese embryopathische Indikation als "Diskriminierung von Kindern mit Behinderung" bekämpft. Die Initiatoren sehen 56.000 Unterstützer hinter sich, darunter neben römisch-katholischen Bischöfen auch ÖVP-Behindertensprecherin Kira Grünberg, Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) und einen SPÖ-Bürgermeister.

Folgen wären verheerend

Es gehe um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren eigenen Körper, unterstrich Lena Jäger vom Frauenvolksbegehren am Freitag in der dagegen angesetzten Pressekonferenz. Die grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic sah vor allem Ex-Bundespräsidentschaftskandidat Hofer auf den Spuren von Jaroslaw Kaczynski in Polen wandeln. Gingen die Forderungen der Petition durch, hätte dies verheerende Auswirkungen für die Frauen in Österreich, warnte sie.

Andrea Brunner von den SPÖ-Frauen betonte, dass man über die Parteigrenzen hinaus Frauenrechte verteidigen wolle: "Wir werden nicht weichen, keinen Millimeter." Maria Stern von der Liste Jetzt (früher Liste Pilz) betonte, seit Beginn der türkis-blauen Koalition eine solche Initiative befürchtet zu haben. Dass die Petition nun erst am 7. Mai im Ausschuss behandelt werde, sei ihrer Fraktion zu verdanken.

"Wir können auch ohne Einschränkungen den Frauen vertrauen, auch ohne gesetzlichen Zwang verantwortliche Entscheidungen zu treffen", betonte die feministische Juristin Brigitte Hornyk. Dass man eindeutig gegen die Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigungen auftrete, sei aber ebenso klar. Klaudia Frieben vom österreichischen Frauenring zeigte sich betroffen, dass man eine Diskussion über Fristenlösung und Frauenrechte heute wieder führen müsse.

Lebensgefahr

Unterstützung kam vom Gynäkologen Christian Fiala. Es sei unfassbar, dass Frauen in Europa immer noch an verweigerten Schwangerschaftsabbrüchen sterben müssten, kritisierte er.

Der Schwangerschaftsabbruch ist in Österreich seit 1. Jänner 1975 straffrei – allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen. In den ersten drei Monaten darf die Schwangerschaft nach ärztlicher Beratung beendet werden. Keine zeitliche Beschränkung gibt es etwa dann, wenn "eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt" sein wird.

Geregelt ist der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch. Laut Paragraf 96 ist Abtreibung zwar mit Freiheits- oder Geldstrafen bedroht – Paragraf 97 legt allerdings Ausnahmen fest.

Ein Beenden der Schwangerschaft ist Paragraf 97 zufolge nicht strafbar, wenn der Abbruch "innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird". Zeitlich unabhängig abtreiben darf man auch, wenn anders eine ernste Gefahr für das Leben oder ein schwerer Schaden für die körperliche und seelische Gesundheit der Frau nicht abgewendet werden kann oder bei der Zeugung Unmündigkeit bestand. Ebenfalls als straffreier Grund für eine Abtreibung anerkannt ist eine Behinderung des Kindes, wörtlich wenn "eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde". In all diesen Fällen muss ein Arzt den Abbruch vornehmen.

Per Gesetz ist kein Arzt verpflichtet, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder an ihm mitzuwirken – "es sei denn, dass der Abbruch ohne Aufschub notwendig ist, um die Schwangere aus einer unmittelbar drohenden, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr zu retten". Schließlich heißt es in Paragraf 97 auch noch: "Niemand darf wegen der Durchführung eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs oder der Mitwirkung daran oder wegen der Weigerung, einen solchen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt werden."

Das Gesetz – "Fristenregelung" bzw. "Indikationslösung" – ist 1974 nach harten Kontroversen letztlich nur mit den Stimmen der damals mit absoluter Mehrheit ausgestatteten SPÖ beschlossen worden und am 1. Jänner 1975 in Kraft getreten. Nach dem Gesetzesbeschluss ging die öffentliche Debatte mit Kundgebungen pro und contra weiter. Befürworter verwiesen auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, Gegner sprachen von Mord. Im November 1975 erreichte ein Volksbegehren zum "Schutz des menschlichen Lebens", also gegen die Fristenlösung, nur 18 Prozent Zustimmung. Besonders die Nationalratswahlkämpfe 1986 und 1990 waren geprägt von einschlägigen Diskussionen. (APA, 15.2.2019)