Bereits von den Römern wurde ein Rezept für Senf überliefert: Schon damals wurde eine Senfpaste aus Senfkörnern, Olivenöl, Honig und vergorenem Most hergestellt. Diese Mischung wurde als mustum ardens, was so viel wie "brennender Most" bedeutet, bezeichnet. Daraus entwickelten sich später die Bezeichnung Mostrich sowie das englische Wort für Senf, "mustard".¹

Herstellung von Speisesenf

Wenn man bei uns heute von Senf spricht, meint man meist die in Tuben oder Gläsern zum Verkauf angebotene Senfpaste, auch Mostrich genannt. Genau genommen bezeichnet Senf jedoch ursprünglich die Senfpflanze, die zur Gattung der Kreuzblütengewächse gehört. Zur Herstellung von Senfpaste werden die Senfkörner – das sind die Samen der Senfpflanze – verwendet. Die Gewürzpaste wird je nach Senfart aus Körnern des Weißen, Gelben oder Schwarzen ­beziehungsweise mittlerweile vermehrt auch Braunen ­Senfs hergestellt.¹ Heute werden zur Produktion von Senf neben Senfkörnern üblicherweise Wasser, Essig und Salz zugegeben. Das Verhältnis dieser Zutaten, die Art der Senfkörner und weitere zugegebene Ingredienzien variieren je nach Senfart.²

In den Senfkörnern sind bis zu 36 Prozent Öle enthalten, die in nussig schmeckende Pflanzenöle und in die für die Schärfe verantwortlichen ätherischen Senföle unterteilt werden können.¹ Allerdings schmeckt Senf an sich, auch in bereits gemahlener Form, nicht scharf.³ Die im ätherischen Senföl enthaltenen Senfölglycoside, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen und unter anderem auch in Kren und Kresse vorkommen, entfalten ihre Schärfe erst durch das Mahlen der Körner und den Kontakt mit Flüssigkeit. Dabei wandeln sich die Senfölglycoside in andere Stoffe um, darunter das scharf schmeckende Isothiocyanat, das auch zu den Senfölen zählt³.

Der Anteil verschiedener Senföle beziehungsweise Senfölglycoside in den Senfpflanzen ist unterschiedlich, wodurch sich die Senfarten im Geschmack unterscheiden.­ Weißer Senf ist verhältnismäßig mild, Schwarzer Senf besonders scharf.³

Frankfurter mit Senf gehört zu den klassischen österreichischen Speisen.
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Senfarten

Heute gibt es eine große Auswahl an Speisesenfen, die folgendermaßen unterteilt werden können:

  • Dijonsenf: Im 13.Jahrhundert hatte die französische Stadt Dijon das Monopol auf die Senfherstellung³. Bis heute muss der Dijonsenf bestimmte Kriterien erfüllen, um die offizielle Bezeichnung tragen zu dürfen – schon bei geringen Abweichungen vom Originalrezept wird das Produkt nur mit dem Siegel "nach Dijon Art" gekennzeichnet. Klassischerweise wird Dijonsenf aus gemahlenen Schwarzen Senfkörnern, Salz und anderen Gewürzen und Wein oder Sauermost anstelle von Essig hergestellt.²
  • Englischer Senf: Gelbwurzel, auch Kurkuma genannt, gibt diesem Produkt seine charakteristische gelbe Farbe. Ansonsten enthält Englischer Senf fast ausschließlich gemahlenes, helles Senfpulver und Wasser und gilt daher als besonders reiner Senf, der einen scharfen Geschmack aufweist.²
  • Scharfer Senf: Für diese Senfsorte werden hauptsächlich dunkle Senfkörner verwendet, so dass er eine besonders intensive Schärfe erhält.²
  • Mittelscharfer Senf: Dieser klassische Bratwurst-Senf wird aus einer Mischung von dunklen und hellen Senfkörnern zubereitet, manchmal wird dieser Art auch Kren hinzugefügt.²
  • Süßer Senf: In Süddeutschland und Österreich wird Süßer Senf als klassischer Weißwurstsenf verwendet. Für seine Herstellung werden Gelbe und Braune Senfkörner zuerst geröstet, wodurch ein nussiger Geschmack entsteht. Durch die Zugabe von Zucker, Honig, Apfelmus oder Süßstoff schmeckt das Produkt süßlich. Außerdem werden teils Wacholderbeeren beigemengt.²
  • Estragon-Senf: Bei der Herstellung dieses Senfs werden neben Senf- und Pfefferkörnern Weinessig, Salz, Zucker und das Küchenkraut Estragon, das dem Endprodukt den Namen gibt, verwendet. Das frische Kraut aus der Beifußfamilie gibt dem besonders aromatischen Senf seinen typisch würzigen und gleichzeitig süßen Geschmack.⁴

Senf ist vielfältig in der Küche einsetzbar

Typischerweise wird Senf in Europa zu Bratwürsten oder Frankfurtern gegessen. Doch auch für Salatmarinaden wird er häufig verwendet. Bei der Zubereitung von Vinaigrette – einer Marinade aus Öl, Essig, Salz und weiteren Zutaten – wird Senf nicht nur für den Geschmack, sondern auch aus einem anderen Grund zugegeben: Senf ermöglicht die Emulsion von Essig und Öl, welche sich aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften ohne seine Zugabe nicht vermischen würden. Für das Vermischen sind die im Senf enthaltenen Senföle verantwortlich. Diese Moleküle besitzen hydrophile, also wasserliebende, Teile, die mit Essig wechselwirken, und hydrophobe, also wasserabstoßende, Bereiche, welche sich mit Öl verbinden. So wird Senf zum idealen Vermittler zwischen Essig und Öl, er ist ein sogenannter Emulgator. Verwendet man also eine senfhaltige Vinaigrette für den Salat, verteilen sich alle Geschmacksstoffe – sowohl die fettlöslichen aus dem Öl als auch die wasserlöslichen aus dem Essig – gleichmäßig.⁵

Auch dass Senf gerne zu Grillfleisch gegessen wird, ist keineswegs unbegründet – selbst wenn uns die Wirkung vielleicht gar nicht bewusst ist. Manche Stoffe aus dem Senf machen Benzpyrene, welche beim Braten und Grillen durch die Maillard-Reaktion (Bräunungs-Reaktion) bei hohen Temperaturen entstehen können, weniger schädlich. So macht es Sinn, Senf zu gebräuntem Fleisch zu verzehren, um mögliche kanzerogene Benzpyrene zu neutralisieren.⁵

Senfkörner werden allerdings nicht nur zu einer Gewürzpaste verarbeitet, sie kommen auch unverarbeitet als Würzmittel zum Einsatz. Üblich ist beispielsweise die Zugabe beim Einlegen von Gewürzgurken oder süß-saurem Gemüse. Auch bei der Herstellung von Fischfonds kann man sie beimengen, genau wie bei anderen hellen Saucen oder im Kartoffelsalat.²

Senf wird auch in gemahlener Form – als Senfpulver oder Senfmehl bezeichnet – verkauft. So kann man daraus ganz einfach selbst seinen eigenen Senf herstellen, in dem man das Pulver mit Wasser verrührt. Aber auch zum Würzen von Saucen oder Currys kann Senfpulver verwendet werden.²

Senf hat positive Wirkung auf den Körper

Schon im Mittelalter war Senf in der Küche beliebt, da er neben Kren das einzig scharfe Gewürz in der europäischen Kultur war – Pfeffer und Chili wurden erst später für eine breite Bevölkerung verfügbar, Senf war verhältnismäßig billig zu erwerben.¹ Bereits damals wurde Senf beim Pökeln von Fleisch verwendet, da man wusste, dass Senf den Speichelfluss und die Magensaftproduktion anregt und dadurch die Verdauung ankurbelt. Grund dafür sind die im Senf vorhandenen ätherischen Öle.³ Bereits seit dem Mittelalter wurde die Heilpflanze daher als Medizin in Apotheken verkauft.

Heute weiß man, dass Senf auch krebsvorbeugende und antimikrobielle Wirkungen im Darm hat.² ³ ⁶ ⁷ Eine Forschungsgruppe von der Universität Flensburg konnte 2011 beispielsweise zeigen, dass der Konsum von 20 Gramm scharfem Senf pro Tag auf Dauer das Krebsrisiko senken kann ­ und das sogar langfristig, nicht nur während der Zeit des Konsums. Durch den Verzehr von Senf konnten die weißen Blutkörperchen krebsauslösende Stoffe im Blut der Probanden schneller bekämpfen. Dem dürfte das für die Schärfe verantwortliche Isothiocyanat aus verarbeitetem Senf zugrunde liegen, welches für seine entgiftende Wirkung bekannt ist ⁸ ⁹. Interessant war außerdem, dass die Probanden nach Senfkonsum auch signifikant niedrigere Cholesterinwerte aufwiesen – ein weiterer Hinweis auf die gesundheitsfördernde Wirkung von Senf. Übrigens: Schon in Vorversuchen zeigten die Forscher, dass gilt: Je schärfer der Senf, desto höher ist seine krebsvorbeugende Wirkung.⁶

Senf soll außerdem durchblutungsfördernd wirken und die Fettverbrennung anregen.³ Laut aktuellem Stand der Wissenschaft scheint Senf somit nicht nur gut, sondern auch gesund zu sein – die Wirkungsweise der in den Senfkörnern enthaltenen Stoffe wird auch in Zukunft in der Forschung weiter untersucht werden.¹⁰

Warum wir (unseren) Senf dazugeben

Übrigens: Im 17. Jahrhundert galt Senf als besonders kostbar­ und wurde daher von Köchen sehr vielen Gerichten zugegeben, um diese wertvoller erscheinen zu lassen. Senf wurde damals auch Speisen, zu denen er geschmacklich gar nicht passte, beigefügt ­ also selbst dann, wenn der Geschmack nicht erwünscht war. Aus dieser Zeit kommt deshalb auch die Redewendung „seinen Senf“ dazugeben ­– dabei bekommt man nämlich etwas zu hören, das man gar nicht wissen will.¹¹ (Julia Auer, 27.2.2019)

Julia Auer ist Genetikerin und forschte in Wien und Lübeck im Bereich der Chronobiologie. Seit 2017 ist sie bei Open Science - Lebenswissenschaften im Dialog in der Wissenschaftskommunikation tätig. Sie ist eine der Bloggerinnen, die als "bESSERwisser" die Beiträge für den Hungry for Science-Blog von Open Science verfassen. Mehr Beiträge finden Sie auf hungryforscience.at.

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