Foto: Lisi Specht

Schauspieler und Entertainer Alfons Haider moderiert heuer zum 25. Mal den Opernball. An seiner Wohnung in Wien-Neubau schätzt er die Ritterburgzone unter der Dachschräge – und dass ihn niemand beobachten kann.

"Für mich war von Anfang an klar: Wenn schon Wohngespräch, dann will ich mich vor der Bilderwand auf der Treppe fotografieren lassen. Das sind Gemälde von meinem Vater August Haider, der gestorben ist, als ich 17 Jahre alt war. Er war Finanzleiter bei der ÖBB, ein g'standener Sozialist, aber mit einer tiefen Liebe für die Kunst. Mir ist egal, ob das Kitsch, naive Malerei oder wirklich hochwertige Kunst ist: Für mich ist das ein emotionaler Wert, auf den ich nicht verzichten kann.

"Egal ob Kitsch, naive Malerei oder hochwertige Kunst: Das ist ein emotionaler Wert." Alfons Haider vor der Gemäldesammlung seines Vaters.
Foto: Lisi Specht

Eines dieser Bilder an der Wand ist übrigens von mir, und zwar das Stillleben mit dem Buch. Ich war elf, als ich das gemalt habe. Aber dann habe ich mir gedacht: Malen? Stundenlang herumsitzen und stoisch geduldig die Welt um sich herum beobachten? Das schaffe ich nicht! Also wurde ich das, was ich heute bin.

Seit vielen Jahren wird mir vorgeworfen, ich sei wahnsinnig eitel. Mit Verlaub: Das nervt. Ich bin berufseitel, so wie jeder in diesem Job berufseitel ist. Aber meine Eitelkeit hat in erster Linie mit Gesundheit zu tun, denn ich bin jetzt 61 und will noch viele Jahre fit bleiben. Die Wahrheit ist: Der Job ist wunderschön, aber er zehrt an einem. In manchen Jahren sitzt man mehr im Flugzeug, als man vor der Kamera steht. Der Lebensrhythmus ist so unregelmäßig, dass sich der Körper daran kaum gewöhnen kann. Eine gewisse Disziplin muss man an den Tag legen, sonst geht man unter.

Auch Wohnen hat mit Disziplin zu tun, und zwar mit der Disziplin der Ruhe, des Genusses, der Abgeschiedenheit von der Bühnen- und Kamerawelt. Wenn man einen Auftritt hat, wird man ununterbrochen beobachtet. Es ist wohl kein Zufall, dass ich so wohne, dass mich dabei niemand beobachten kann, dass nur ich hinausschaue auf die Dächer der Stadt. Ich wohne in einer Dachgeschoßwohnung im Siebten, der so toll ist, dass man ihn erfinden müsste, wenn es ihn nicht schon gäbe. Der Ausblick aus dem Fenster ist ein mich befriedigender Grad an Freiheit und Leichtigkeit.

Ich wohne auf 100 m² mit einer kleinen Terrasse, auf der ich meine eigenen Marillen züchte, aus denen ich am Ende der Saison Marillenmarmelade mache. Ich bin ein unglaublicher Pedant. Bei mir muss alles seine Ordnung haben. Der Marcel Prawy hat immer gesagt, dass sein Chaos System hat und dass er in seinen tausenden Billa-Sackerln alles auf Anhieb findet. Aber das stimmte nicht. Wann auch immer er etwas gesucht hat, als ich bei ihm war, hat er es nie gefunden. Ich finde alles. Immer und auf Anhieb. Allein die Tatsache, dass ich etwas finden könnte, wenn ich es suchen müsste, verschafft mir eine gewisse innere Ruhe.

Im Grunde hat sich in all den Jahren nicht viel verändert. Wohnen ist für mich eine Kontinuität. Das Einzige, das sich massiv gewandelt hat, ist meine Leidenschaft für die Elefanten. Ich hatte rund 2000 Elefanten herumstehen – in allen möglichen Größen aus allen Teilen der Erde. Schuld daran war die Elefantendame Jumbo im Tiergarten Schönbrunn, in die ich mich vor 30 Jahren verliebt habe. Die Elefanten waren überall! Eines Tages habe ich die Reißleine gezogen und bis auf 50 Stück die gesamte Sammlung verschenkt und für einen guten Zweck verkauft.

Ich habe mir in dieser Wohnung eine Heimat aufgebaut. Eine Heimat, in der ich nicht einmal Oropax brauche, obwohl ich ziemlich lärmempfindlich bin. Es ist ein Ort der emotionalen und akustischen Stille. Vor mir nichts als Dächer. Das Schönste: Als Kind habe ich immer auf dem Dachboden unter der Dachschräge gespielt. Das war meine heimliche Ritterburg. Hier gibt es wieder Dachschrägen, hier bin ich wieder Ritter. Diese Wohnung erlaubt mir, kindisch zu bleiben." (25.2.2019)