Der einst gedopte Johannes Dürr ist offenbar nicht aus dem Schneider.

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"Ja, es stimmt. Die laufenden Ermittlungen haben einen Verdacht ergeben, der es notwendig gemacht hat, ihn festzunehmen." Also bestätigt Hansjörg Mayr, Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, dem STANDARD am Dienstag die Festnahme des Johannes Dürr. Zuvor war davon die Rede gewesen, der bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi des Dopings überführte Dürr hätte den Skandal bei der Nordischen Weltmeisterschaft in Seefeld ins Rollen gebracht. Dieser zeitigt mittlerweile Verfahren gegen die ÖSV-Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf, drei estnische und einen kasachischen Langläufer, die Radprofis Stefan Denifl und Georg Preidler sowie gegen einen Erfurter Sportmediziner und dessen Helfer.

Könnte es sein, dass Dürr quasi über sich selbst stolpert? Welcher Verdacht gegen den 31-jährigen Niederösterreicher gehegt wird, wollte Mayr nicht sagen. Somit musste unbestätigt bleiben, was die Kronen Zeitung vermeldete, nämlich: "Ermittelt wird wegen des Verdachts des Sportbetrugs und wegen Verstößen gegen das Anti-Doping-Gesetz. Zudem soll sich Dürr in den vergangenen Wochen auch nicht gerade durch eine besondere Kooperationsbereitschaft ausgezeichnet haben." Binnen 48 Stunden, also bis Donnerstagmittag, muss jedenfalls darüber entschieden werden, ob über den Zollwachebeamten Dürr die Untersuchungshaft verhängt wird. Am Dienstag hieß es seitens der Staatsanwaltschaft, neben Dürrs Vernehmung liefen weitere Ermittlungen.

Wieso nachträglich?

Dürr hatte sich vor wenigen Tagen in einem ORF-Interview dagegen verwehrt, er hätte seine "Freunde verpfiffen". Die Staatsanwaltschaft München habe ihn einvernommen. "Ich habe als Zeuge wahrheitsgemäß aussagen müssen und habe da zu den Sachen, die mich betreffen, 2014, also vor fünf Jahren, ausgesagt." Wieso er diese Aussagen nicht schon seinerzeit getätigt hatte, sagte Dürr nicht.

Laut ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Markus Gandler, dem ÖSV-Langlaufleiter, hätten Hauke und Baldauf angegeben, Dürr habe sie seinerzeit zu dem Erfurter Arzt gebracht. Das hatte Dürr umgehend dementiert. "Die angeblichen Anschuldigungen von Dominik und Max sind unwahr", hieß es in einem Statement, das Dürrs Anwalt dem ORF übermittelte. Laut Krone blieben Baldauf und Hauke auch vor den Behörden bei ihrer Aussage, das würde die Festnahme erklären.

Der Biathlet Simon Eder sagte der Tageszeitung "Die Presse", ihm sei vor längerer Zeit "etwas angeboten" worden. "Ich bin mit der Sache sofort zum BKA, auch die Polizei und der ÖSV wurden informiert. Ich wurde als Zeuge geladen und habe ausgesagt", schilderte Eder. "Die Spur hat nach Erfurt geführt."

Fragen über Fragen

Wieso werden Österreichs Langläufer nicht generell gesperrt oder von internationalen Großevents ausgeschlossen? Wieso bekommt der ÖSV keine Probleme mit dem internationalen Skiverband (Fis)? Wieso steht im Fenster des österreichischen olympischen Comités (ÖOC) nicht schon längst eine Rute der internationalen Dachorganisation (IOC)? Die drei Fragen liegen durchaus nahe nach der vierten ÖSV-Verwicklung in einen Dopingskandal bei einem Großevent in diesem Jahrtausend. Die WM 2019 in Seefeld hatte ja quasi angeknüpft an die Olympischen Winterspiele 2002, 2006 und 2014.

Der russische Dopingskandal, das sei festgehalten, spielt auf einer anderen Ebene. Den Russen wurde jahrelanges, systematisches, politisch gesteuertes Dopingsystem nachgewiesen. Davon kann in Österreich nicht die Rede sein, im Gegenteil. David Müller von der österreichischen Anti Doping Agentur (Nada) sagt: "Wenn es in Österreich viele Fälle gibt, wäre es wahrscheinlich ein Trugschluss zu behaupten, dass mehr gedopt wird als in anderen Ländern. Der richtige Schluss lautet: Es wird mehr aufgedeckt."

Wieso vorbildlich?

Hätte die Welt Anti Doping Agentur (Wada) die Razzien in Seefeld und Erfurt initiiert, so stünde Österreichs Sport vor einem Problem. Dass aber das Bundeskriminalamt erfolgreich ermittelte und von der Nada unterstützt wurde, gibt der Wada sogar Gelegenheit, Österreich als vorbildlich hinzustellen. (Fritz Neumann, 5.3.2019)