Selbst im Umfeld von Bildungsbürgerinnen und -bürger und sonst gesellschaftlich oft sehr Engagierten ist der Gedanke, die Frauen wären für den Kampf um ihre Rechte selbst verantwortlich, häufig anzufinden.

Dabei wird übersehen, dass die strukturelle Diskriminierung zwar von den Betroffenen durchaus bekämpft, aufgezeigt und deren Abschaffung gefordert werden kann, aber die dauerhafte Veränderung müssen – erzwungen oder nicht – jene zulassen oder aktiv umsetzen, die die Strukturmacht innehaben.

Das Frauen diskriminierende System muss beendet werden

Oft genug wird in politischen Veranstaltungen behauptet, den Frauen ginge es längst ohnehin sehr gut. Da werden schnell die Beispiele der "Selbstoptimierung", "Flexiblen Arbeitszeit" und Möglichkeiten zu "Home Work" aufgezählt, als wären diese "Wundermittel" des Turbokapitalismus die heilsame Lösung.

Foto:AP/Jose F. Moreno

Eine Demonstrantin verkleidet als Figur aus "Handmaid's Tale". In der TV-Serie leben in einem Männerregime ohne Rechte. Auch in der Realität müssen sich Strukturen ändern, damit Frauen den Männern endlich in allen Aspekten gleichgestellt werden.

Viel hat sich das System noch nicht verändern müssen. Dort und da tauchen Frauen in Vorzeigepositionen auf, aber eine wirkliche Gleichstellung ist nicht erst seit den unsäglichen Sprüchen einer Ministerin über "naturgegebene" Unterschiede in der sozialen Fähigkeit in weiter Ferne.

Erst wenn zum Beispiel die Karenzzeiten für Kindererziehung gesetzlich verpflichtend Väter wie Mütter gleichstellen, nicht als Option, sondern als Pflicht, so wie die Schulpflicht, dann würden sich Dinge verändern.

Wir alle wissen, dass solche Gesetzbeschlüsse niemals in der Politik allein beschlossen werden, solange sich keine ausreichend grosse Lobby dafür einsetzt.

Die Machtinhaber müssen mitspielen

Nur wenn in den entscheidenden Umfeldorganisationen (fast) aller Parteien ein Bewusstsein entsteht, dass die Gleichstellung eine Verantwortung der Machtinhaber – und damit mehrheitlich der Männer – ist, werden konkrete Schritte gesetzt werden können.

Gleichstellung darf keine Option sein, sie muss zur Pflicht werden. Wenn sie dann einmal selbstverständlich wird, könnte sein, dass uns die Pflicht gar nicht mehr schwer fällt.

Gleichstellung darf kein Blumenstrauß für Frauen sein, den viele am 8.3. vor sich hertragen, wie am Muttertag dann für die Frauen mit Kindern.

Gleichstellung heißt wirklich Gleichstellung. Dafür werden Frauen kämpfen und handeln, aber ohne Männer passiert noch lange nichts. Frauenrechte sind Männersache. (Bernhard Jenny, 7.3.2019)

Weitere Beiträge von Bernhard Jenny