Jeden Tag ein Aspirin schlucken. Dieses einfache Rezept soll Herzinfarkt und Schlaganfall vorbeugen. Doch der mögliche Schaden ist größer als der Nutzen, sagt Dietmar Trenk vom Universitäts-Herzzentrum Freiburg.

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Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in westlichen
Industrieländern. Lange Zeit galt ein einfaches Rezept als wirksame Prävention gegen Herzinfarkt und Schlaganfall: Täglich eine Tablette Aspirin. Um Herz und Hirn zu schützen schlucken Millionen Amerikaner, darunter auch Prominente wie Hollywood-Regisseur Steven Spielberg und der ehemalige Vizepräsident Al Gore, deshalb täglich ihr Aspirin.

Die Behandlung mit dem Plättchenhemmer Acetylsalicylsäure (ASS) oder ähnlichen Wirkstoffen ist laut Kardiologen ein wichtiger Baustein für die Prävention und das Management von atherothrombotischen vaskulären Ereignissen. ASS kann die Gerinnselbildung und damit das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall vermindern, gleichzeitig erhöht es aber auch das Blutungsrisiko des Patienten.

Überwiegt nun der Nutzen das Risiko? "Leider nein", sagt Dietmar Trenk, Leiter der Klinischen Pharmakologie am Universitäts-Herzzentrum Freiburg. "Die tägliche Tablette Aspirin bringt nichts für gesunde Menschen, auch dann nicht, wenn sie erhöhtes Herzinfarkt-Risiko haben." Sie senkt außerdem nicht das Krebsrisiko. Der Experte beruft sich auf drei große, im vorigen Jahr abgeschlossene Studien. Das Risiko, Blutungen zu erleiden, ist deutlich höher als der Nutzen, einen Herzinfarkt zu verhindern. "Das geschätzte jährliche Risiko für vaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfälle, oder Sterblichkeit war mit einem Prozent deutlich niedriger als erwartet. Der Nutzen der Behandlung mit ASS in niedriger Dosierung (100 Milligramm pro Tag; Anm.) wurde durch vermehrte Blutungsereignisse erkauft," interpretiert Trenk die Ergebnisse.

Vitamine und Omega 3-Fettsäuren nutzlos

Anders ist die Sache bei Menschen, die schon einen Herzinfarkt hatten: In der Sekundärprävention wird die lebenslange Behandlung mit ASS empfohlen. Das Risiko für einen weiteren Herzinfarkt oder Schlaganfall lässt sich damit um 2,5 Prozent verringern. Hier überwiegt also der Nutzen für den Patienten das um etwa 0,4 Prozent erhöhte Risiko für extrakranielle Blutungen.

Da die Vitamine C, E und D entzündungshemmend wirken, sollen sie ebenfalls Herzinfarkt und koronare Herzerkrankungen verhindern. "Leider ist die Studienlage dazu ebenfalls negativ", sagt Christoph Säly, Internist am Landeskrankenhaus Feldkrich. "Die Vitamine C, E und D bringen diesbezüglich nichts. Hohe Vitamin E-Gaben steigern möglicherweise sogar die Sterblichkeit."

Ähnlich enttäuschend ist auch das Ergebnis mehrerer Studien, die die kardiologische Wirkung von Omega 3-Fettsäuren untersuchten. In Hinblick auf Herzinfarkt-Prophylaxe zeigten ein Gramm Omega-3 Fettsäuren pro Tag keine Wirkung. Lediglich nach einem Herzinfarkt konnte das neuerliche Risiko mit einer speziellen, hochkonzentrierten Omega-3-Fettsäure-Arznei um 25 Prozent gesenkt werden. "Aber da sind wir schon weit weg von Nahrungsergänzung," sagt Saely.

Bewegung ist nicht immer gesund

Regelmäßige körperliche Betätigung hat sich in der Prävention gegen koronare Herzerkrankungen als wirksam erwiesen. Doch auch hier kommt es auf die richtige Dosis an. Ärzte warnen vor übertriebenem sportlichen Ehrgeiz. Eine neue Studie gibt Hinweise darauf, dass beispielsweise Marathonläufer, die nicht austrainiert sind, ihr Herz mit dieser Höchstleistung schädigen können. Was es noch zu beachten gilt: Sport kann besonders dann schädlich sein, wenn der Körper durch eine Infektion geschwächt ist. (red, 7.3.2019)