Smart Home steht derzeit noch für Komfort und Spielereien, aber auch Sicherheit und Energieeffizienz werden immer wichtiger.

Foto: Loxone

Das Fenster des Backrohrs ist zugleich ein Bildschirm, auf dem Rezepte empfohlen werden – je nach verfügbarer Zeit fürs Kochen im synchronisierten Tagesplan. Die smarte Toilette spült und wärmt die Klobrille auf Zuruf auf. Und der Inhalt des Kühlschranks lässt sich per App vom Supermarkt aus checken. Solche smarten Geräte wurden heuer im Jänner auf der Gadget- Show CES 2019 in Las Vegas vorgestellt.

Der Markt dafür ist noch klein. Die Entwicklungen zeigen aber, wie ein smartes Zuhause aussehen könnte. Doch wie ist der Status quo, was können typi- sche Smart-Home-Lösungen heute, und wohin geht der Fokus der Anbieter und Architekten?

Das marketingtechnische Credo fokussiert derzeit eher noch Wohlfühlthemen wie Lichtstimmung oder Audio, mit der Tendenz zu Praktischem wie automatischer Beschattung und weniger Handgriffen: Rund 16-mal am Tag schalten wir das Licht ein oder aus, zehnmal passen wir die Musik an, 50 Handgriffe sind zur Urlaubsvor- und -nachbetreuung notwendig und vier, wenn wir den Haushalt für die Nacht fertig machen. Rechnet man das und noch mehr für eine vierköpfige Familie hoch, kommen für ein durchschnittliches Einfamilienhaus pro Jahr um die 50.000 Handgriffe und Denkprozesse heraus, führt die Broschüre des oberösterreichischen Smart-Home-Anbieters Loxone vor Augen. "Ein Smart Home ist nur dann eines, wenn es den Bewohnern den echten Mehrwert bietet, Zeit zu sparen", so CEO Rüdiger Keinberger.

Weniger Handgriffe

Auch Sicherheit ist bei dem System ein Aspekt: Das Smart Home fühlt austretendes Wasser, registriert offene Fenster und Türen, bewahrt das Beschattungssystem vor Wetterschäden und schlägt Alarm, wenn sich jemand unbefugt am Haus zu schaffen macht. Alle einprogrammierten Funktionen können zusätzlich in jedem Raum über einen Touch-Taster bedient werden. So können die Bewohner in die durchdachten Abläufe eingreifen, wenn ihnen doch nach Abwechslung ist. Für 10.000 Euro ist die Komplettlösung inklusive Geräten zu haben. Wie zufrieden sind die Kunden? "Wir haben eine Trefferquote von 90 Prozent, den Rest adaptieren wir gern", so Keinberger, demzufolge jedes vierte neue Ein- oder Zweifamilienhaus mit Loxone ausgestattet ist. Insgesamt hat seine Firma 85.000 Smart Homes in mehr als 100 Ländern realisiert.

Smarter Nutzer statt smart home

Architekt Heinrich Schuller von dem Wiener Architekturbüro Atos meint, dass Smart Home von der Industrie nicht optimal beworben wird, denn smart wäre so viel mehr als die (Fern-)Steuerung des Gebäudes: "Smart Home ist für mich ein intelligentes Haus. Wenn ich es von außen steuern muss, ist nicht das Haus intelligent, sondern ich." Wenn man die wertfreie Technologie dafür einsetze, Beleuchtung zu regulieren, sei das eine sinnlose Spielerei. "Wenn ich sie nutze, um das Haus klimaeffizienter zu machen, sind wir auf dem richtigen Weg", so der Architekt.

Das Thema Energieeffizienz müsste noch besser bei den Kunden ankommen, sind sich Rüdiger Keinberger von Loxone und Omid Farassat vom Anbieter Siblik einig. Beide haben neben Komfort, Raumklima, Sicherheit und Entertainment schon Energieeffizienz im Portfolio. "Neben der niedrigeren Energiekosten ist die Nachhaltigkeit ein smarter Faktor", so Omid Farassat, Architektenbetreuer und Berater bei Siblik. Schon jetzt helfen dabei smarte Lösungen: Sie schalten stromfressende Stand-by-Geräte ab, die Beleuchtung aus und senken die Temperatur in leeren Räumen.

Architekt Schuller denkt noch weiter: "Das Ziel wären energieautonome Gebäude und per Smart Grids vernetzte Siedlungen und Büros." Letztere haben tagsüber einen hohen Stromverbrauch und könnten mit überschüssigem Strom aus den Wohnhäusern versorgt werden. Ideal wären Gebäude mit Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen, die je nach Bedarf intelligent miteinander interagieren. Angesichts des Klimawandels, der auch den Wohnbau vor Herausforderungen stellt, klingt das wirklich smart. (Marietta Adenberger, 13.3.2019)