Gesammelte Trümmerteile der abgestürzten Ethiopian-Airlines-Maschine.

Foto: AFP/MICHAEL TEWELDE

Frage: Wie lautet der konkrete Vorwurf gegen Boeing?

Antwort: Sowohl beim jetzigen Absturz in Äthiopien als auch bei dem des Lion-Air-Flugs 610 am 29. Oktober 2018 handelte es sich um eine Boeing 737 Max 8. Beide verunglückten kurz nach dem Start. Der Verdacht richtet sich nun gegen das Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS). Diese Software hat Boeing eigens für dieses Modell mit speziellem Design entwickelt: Die Triebwerke sind größer als bei den Vorgängern, um weniger Sprit zu verbrauchen, weniger Lärm zu verursachen und umweltschonender zu sein.

Sie sind weiter vorn angebracht, was die Aerodynamik des Flugzeugs verändert. MCAS soll verhindern, dass die Maschine in eine zu steile Lage kommt, und drückt die Flugzeugnase automatisch nach unten. Bei der Lion-Air-Maschine hatten defekte Sensoren falsche Daten geliefert, wodurch MCAS die Nase unnötig nach unten drückte. Ob das in Äthiopien auch der Fall war, ist noch unbekannt.

ORF

Frage: Hätten die Piloten nichts dagegen unternehmen können?

Antwort: Einem vorläufigen Untersuchungsbericht zufolge – ein endgültiger Bericht steht aus – hatten die Lion-Air-Piloten bis zum Absturz permanent versucht, die Maschine nach oben zu steuern, MCAS drückte sie dann stets nach unten. Boeing wurde damals von verschiedenen Seiten vorgeworfen, die Piloten nicht entsprechend auf MCAS vorbereitet zu haben. Laut New York Times verzichteten das Unternehmen und die US-Luftfahrtbehörde FAA darauf, die Piloten zu informieren – zum Teil, um die Kosten für Schulungen zu minimieren.

Zumindest nach dem Crash im Oktober gab es Nachschulungen und entsprechende Ergänzungen in Handbüchern, sagte der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt im Ö1-Mittagsjournal. Grundsätzlich sei es sehr einfach, MCAS zu deaktivieren, "das ist mehr oder weniger ein Knopfdruck".

Frage: Was ist der aktuelle Stand der Ermittlungen zur Absturzursache in Äthiopien?

Antwort: In Äthiopien wurde bereits am Sonntag eine Sonderkommission von Experten der Flugsicherung, Verkehrsministerium und Fluggesellschaft gebildet. Boeing kündigte zudem an, Experten nach Äthiopien zu entsenden, um bei der Untersuchung zu helfen. Am Montag wurde die Blackbox gefunden, die Flugdaten sowie Cockpitgespräche aufzeichnet. Allerdings wurde sie beschädigt, unklar ist daher noch, welche Informationen genau darauf zu finden sind. Bekannt ist bisher, dass der Pilot Yared Getachew "Probleme" gemeldet und um Erlaubnis zur Rückkehr gebeten hatte. Dann riss der Kontakt ab. Der Pilot, betonte die Airline, hatte mehr als 8.000 Stunden Flugerfahrung und eine vorbildliche Personalakte.

Frage: Wo genau müssen wie viele Boeing 737 Max 8 am Boden bleiben?

Antwort: Die 96 Flugzeuge dieses Typs im Besitz chinesischer Airlines müssen vorläufig am Boden bleiben. Den gleichen Schritt vollzog Indonesien mit elf Maschinen. Ethiopian Airlines verzichtet auf ihre restlichen vier Boeing 737 Max 8, Cayman Airways sowie Royal Air Maroc jeweils auf ihre zwei. Indien prüft weitere Schritte. Die FAA erlässt derzeit kein Startverbot, verlangte aber bis April Änderungen an dem Modell.

Frage: Woher kommen die Opfer?

Antwort: Die ursprünglichen Angaben wurden zum Teil korrigiert. Hieß es zunächst, die 157 Opfer stammten aus 33 Ländern, sind es nun 35. Darunter befinden sich unter anderem 32 Kenianer, 18 Kanadier, neun Äthiopier, jeweils acht US-Amerikaner, Italiener und Chinesen sowie fünf Deutsche. An Bord befanden sich auch 22 Mitarbeiter der Vereinten Nationen, da am Montag in Nairobi, dem geplanten Ziel von Flug ET 302, eine Konferenz des UN-Umweltprogramms (Unep) begann.

Auch bei den drei verunglückten Österreichern präzisierte das Außenministerium am Montag: Ein in Oberösterreich geborener Arzt war 31 Jahre alt und arbeitete im Ordensklinikum der Barmherzigen Schwestern in Linz. Ein ebenfalls 31-jähriger Mediziner, ein gebürtiger Niederösterreicher, arbeitete in Steyr. Der dritte Arzt, 30 Jahre alt, war in Kärnten geboren und an der Med-Uni Wien angestellt. Der deutsche Pfarrer Norman Tendis, der seit dem Jahr 2000 in der evangelischen Gemeinde in St. Ruprecht bei Villach tätig war, kam bei dem Absturz ebenfalls ums Leben. Er war unterwegs zur Unep-Konferenz. (Kim Son Hoang, 11.3.2019)