Pressekonferenz zum Thema Ethikunterricht mit Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache und Heinz Faßmann.

Foto: Matthias Cremer

Die Idee des Ethikunterrichts ist seit 20 Jahren entweder – auf gut österreichisch – auf die lange Bank geschoben oder aus ideologischen Gründen blockiert worden, und zwar mit dem Argument, man müsse den Ethikunterricht sofort und für alle einführen. Dieses Vorhaben als Ziel zu formulieren ist absolut legitim – man muss sich jedoch auch fragen, wie es umgesetzt werden soll.

Als ich vor 22 Jahren in meinem Gymnasium den Schulversuch KER (Kulturen-Ethik-Religionen) eingereicht und als Gründerschule umgesetzt habe, waren wir zwar von der Idee idealisiert, sind aber mit der Realität der Umsetzung vor heftigen Problemen gestanden: Wer soll/darf unterrichten, was und wie wollen wir dies machen? In der Umsetzung haben wir dann, auch mit anderen Schulen, ein Curriculum mithilfe von Peter Kampits, dem damaligen Dekan der Philosophie, und Konrad Paul Liessmann erstellt, um dies in der Folge laufend zu reflektieren und evaluieren.

Genau das, im Großen, ist auch die jetzige Herausforderung: Aus den von verschiedenen Pädagogischen Hochschulen erstellten Curricula muss jetzt ein österreichweit passendes und gültiges Gesamtcurriculum gebastelt werden, um die Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung für den Herbst zu ermöglichen, damit im Schuljahr 2020 mit der Aus- und Weiterbildung begonnen werden kann – natürlich zuerst einmal für die Oberstufe.

Hohe Kunst

Und warum nicht für alle Schülerinnen und Schüler? Erstens geht es einmal um die Überführung der 211 gut laufenden Schulversuche und die Ausweitung auf die gesamte Oberstufe. Zweitens ist der Religionsunterricht in der Verfassung durch das Konkordat fixiert und kann daher nicht einfach abgeschafft werden. Drittens würde man auch weit mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler, vor allem im ländlichen Bereich, vor den Kopf stoßen, ja "zwangsbeglücken". Viertens sind realpolitisch dafür einfach weder genügend Geld noch die Ressourcen da. Und letztlich fünftens sind Ethik und Religion ja gar nicht so weit auseinander – denn auch der konfessionelle Unterricht hat, nicht nur in meiner Schule, deutlich an Inhalt und Qualität gewonnen, wobei eine erhebliche Zahl an Themen fächerübergreifend, also gemeinsam behandelt und diskutiert wurde.

Die "hohe Kunst" der Kommunikation erlangt dabei einen besonderen Stellenwert: zuhören, andere Meinungen akzeptieren, eigene Meinungen artikulieren, diese begründen und damit wieder in ihrer Diversität die Pluralität ermöglichen. Es ist doch gut und richtig, der Jugend die Wahlfreiheit zu lassen, sich für ihre Konfession oder für einen Ethikunterricht zu entscheiden – das ist demokratiepolitisch wohl ein Grundrecht! Wenn für manche das Ziel ein Ethikunterricht für alle ein durchaus hehres Ziel ist, so beginnt auch dazu der Weg mit dem ersten Schritt – und der wird nun endlich nun gesetzt! (Michael Jahn, 11.3.2019)