Von IGGÖ-Präsident Ümit Vural und Kardinal Christoph Schönborn gibt es keinen Applaus für die Regierung.

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Wien – Vertreter der größten Religionsgemeinschaften gehen mit der Regierungspolitik scharf ins Gericht. Bei einer Integrationsenquete am Samstag kritisierten der katholische Kardinal Christoph Schönborn, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, sowie Ex-Diakonie-Direktor Michael Chalupka die Feiertagsregelung, den Umgang mit Religionsfreiheit und die Asylpolitik.

Überschattet wurde die von der Allianz "Menschen.Würde.Österreich" ausgerichtete Integrationsenquete von den Anschlägen auf zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch. Schönborn erinnerte daran, dass diese "giftige Saat" nicht von irgendwo herkomme. Er forderte daher "Behutsamkeit in der Sprache", etwa wenn Erstaufnahmezentren in "Ausreisezentren" umbenannt werden: "Das ist ein Akt der Brutalität."

"Besorgniserregende Situtation"

Für IGGÖ-Präsident Vural bringen die Entwicklungen in Neuseeland auch Österreichs Muslime in eine besorgniserregende Situation, was auch an der Basis zu spüren sei. Er fragte sich: "Wer kann uns die Garantie geben, dass ein derartiger Vorfall woanders nicht geschieht?" Auch er mahnte nicht zuletzt die Politik, auf die Sprache zu achten. "Wir wollen keinen Hass, wir wollen keine Hetze."

Chalupka, der für das Amt des neuen evangelischen Bischofs nominiert ist, sieht sich mit einem "Phänomen des nationalen Rassismus" konfrontiert, der "Versatzstücke der Religion hernimmt, um sich selbst zu legitimieren". Dagegen müssten sich auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften entschieden wehren. Der Satz der neuseeländischen Premierministerin nach den Anschlägen sei auch im Umgang mit Migranten entscheidend: "They are us."

"Falsche Behauptungen"

Niemand müsse sich provoziert fühlen, wenn Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften anders bekleidet sind, meinte Wiens Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister in einer Videobotschaft. Dies gelte sowohl für Juden als auch für Musliminnen mit Kopftuch.

Dennoch würden vonseiten der Politik oft falsche Behauptungen aufgestellt, etwa beim Schächten oder der Beschneidung. "Wenn religiöse Praktiken delegitimiert werden, dann hat das Extremismus zur Folge", warnte er.

Kritik an Karfreitagsregelung

Kritik von allen Seiten gab es daher auch an der von der Regierung gefundenen Karfreitagsregelung, allen voran von Chalupka. So habe man dabei lernen können, was Versprechen der Bundesregierung wert seien und wie eine Religionsgemeinschaft wieder zur Minderheit gemacht werde. Gekommen sei die Regelung zudem von Parteien, "die gerne mit dem Kreuz in der Hand Wahlkampf machen".

Ebenso unglücklich mit der Karfreitagslösung ist Schönborn, der sich vor allem am Vorschlag des Präsidenten der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, einer Umwandlung aller Feiertage in Urlaubstage stößt. "Das halte ich für eine suboptimale Lösung." Vural wiederum stieß sich an der Absage von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) an einen muslimischen Feiertag. Das sei mit dessen Bekenntnissen bei der Angelobung wohl nicht vereinbar. (APA, 17.3.2019)