Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) und Bundeskanzler Sebastian Kurz wollen sich noch nicht festlegen, wie der ORF künftig finanziert werden soll.

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Bregenz – Für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist die Finanzierung des ORF "ein Thema, das wir uns anschauen werden". Aktuell arbeite Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) an einem neuen ORF-Gesetz, dabei sei die Finanzierung jedoch nur eine Frage unter vielen, ließ Kurz am Montag bei einer Pressekonferenz in Bregenz keine Präferenz für eine Gebühren- oder Steuerfinanzierung des ORF erkennen.

Jedenfalls sicherzustellen gelte es eine "ordentliche Finanzierung" des Rundfunks sowie die Erfüllung des regionalen Auftrags und des Bildungsauftrags des ORF, betonte der Kanzler. Darüber hinaus stellte er fest, dass es derzeit "ganz, ganz viele Themen gibt, die mich mehr beschäftigen".

FPÖ drängt auf Ende der GIS-Gebühren

Am Sonntag hatte der freiheitliche Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs in der ORF-"Pressestunde" gesagt, dass die FPÖ für ein Ende der GIS-Gebühren eintrete und eine Finanzierung aus dem Staatsbudget favorisiere. Die Bundesländer sprechen sich gegen eine solche Abschaffung der ORF-Gebühren und Finanzierung aus dem Staatsbudget aus.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner warnt: "Eine Umstellung auf eine Budgetfinanzierung öffnet langfristig natürlich auch die Türen für starke Kürzungen. Daher geht es um eine Grundsatzentscheidung für Österreich: Will man einen konkurrenzfähigen öffentlich-rechtlichen österreichischen Sender oder nicht." Österreich sei mit dem zehnmal so großen Nachbarn Deutschland in einer Sondersituation: "Die Frage ist nun, ob man den ORF nachhaltig beschädigen und das österreichische Feld deutschen TV-Konzernen überlassen will. Ich halte wenig davon, wenn uns in Zukunft etwa die österreichische Innenpolitik vor allem aus TV-Studios in Köln, Mainz oder Berlin erklärt wird", so Mikl-Leitner.

Wiens Bürgermeister Ludwig für Beibehaltung

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) spricht sich klar gegen die vom Bund ventilierte Finanzierung des ORF aus dem Budget aus. Er trete für einen "starken ORF" ein und sei deshalb für eine Gebührenfinanzierung", hielt Ludwig am Dienstag fest. Denn diese garantiere Objektivität in der Berichterstattung, während eine Budgetfinanzierung "eine politische Einflussnahe zumindest befürchten lässt".

Wrabetz: Budgetfinanzierung bedeutet direkte Eingriffe

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz warnte am Montag neuerlich vor einer Budgetfinanzierung des ORF. Wo es diese gebe könne man sehen, "dass es immer direkte Eingriffe" und Einschnitte gibt, sagte er in der "ZiB 2". Dann "entscheidet der Finanzminister, welches Programm im ORF gemacht wird", und indirekt auch, welche Personen die Programme machen.

Blümel hält sich alle Varianten offen

Laut Medienminister Blümel laufen die Verhandlungen zum ORF-Gesetz derzeit "intensiv und gut". Die Finanzierungsfragen würden im Rahmen der Steuerreform geklärt, hielten Blümel und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zum Thema Weltkulturerbe am Montag fest. Details dazu gab es nicht.

Grundsätzlich gebe es in Europa viele unterschiedliche Modelle, gab Strache zu bedenken. Aktuell werde über eine Steuerreform auf "verschiedenen Ebenen" gesprochen. Man habe sich vorgenommen, eine "Entlastungsinitiative für die Österreicherinnen und Österreicher" in Umsetzung zu bringen: "Jetzt setzen wir fort."

Auch Blümel betonte, dass man sich Beispiele aus anderen Ländern ansehen werde. Beispielsweise sei zu überlegen, ob es mehr Kooperationen geben solle. "Die Aufgabe (des ORF, Anm.) war vom Auftrag her eine andere, in den 60er-, 70er- oder 80er-Jahren. Heute geht es darum, nicht mehr ein Alleinversorger zu sein." Jedenfalls müsse die "langfristige Operabilität" des ORF gewährleistet bleiben, so Blümel, der keine Präferenz für eine Gebühren- oder Steuerfinanzierung äußerte.

Wer bei den Gebühren mitnascht

Der ORF lukriert einen Großteil seiner Einnahmen aus Rundfunkgebühren. Im Jahr 2018 bekam er 620,1 Millionen Euro an Programmentgelten. Insgesamt hob die GIS aber 922,4 Millionen ein, denn auch Bund und Länder schneiden mit. Würde die Gebührenfinanzierung abgeschafft, müsste die öffentliche Hand – und damit die Steuerzahler – diese mehr als 900 Millionen Euro substituieren.

Nach Angaben der Gebühren Info Service GmbH, die seit 1998 für die Einhebung zuständig ist und seit 2001 zu 100 Prozent dem ORF gehört, erhält der ORF rund 67 Prozent der von der GIS eingehobenen Gebühren. Dem ORF verbleiben nach Abzug von Umsatzsteuer und Einhebungsvergütung netto 16,78 Euro pro Empfangseinrichtung und Monat von den 3,33 Millionen gebührenpflichtigen Teilnehmern.

An den Bund gehen die Radio- und Fernsehgebühr (0,36 Euro fürs Radio, 1,16 Euro fürs Fernsehen, 2018 insgesamt 56,2 Millionen), der Kunstförderungsbeitrag (0,48 Euro pro Monat, insgesamt 18,6 Millionen) sowie 63,7 Millionen an Umsatzsteuer.

Landesabgaben

Die Bundesländer kassieren aus der GIS Landesabgaben. Je nach Bundesland sind diese unterschiedlich hoch. Am meisten erhält die Steiermark mit 5,80 Euro pro Empfangseinrichtung und Monat. Nur Vorarlberg und Oberösterreich heben keine Abgabe ein. Insgesamt gingen so im Vorjahr 146,8 Millionen Euro an die Länder. Unterm Strich zahlen die ORF-Kunden damit monatliche zwischen 25,63 (Steiermark) und 20,93 Euro (Oberösterreich, Vorarlberg) für Fernsehen und Radio an die GIS. Für reine Radiokunden sind es zwischen 7,40 und 5,90 Euro.

Unter den 27 der 56 Mitglieder der European Broadcasting Union (EBU), die überhaupt Rundfunkgebühren einheben, hat Österreich die vierthöchsten. Rechnet man Dänemark weg, das im Vorjahr die Umstellung auf eine Steuerfinanzierung beschlossen hat, liegen nur noch die Schweiz und Norwegen vor Österreich. (APA, red, 18.3.2019, 19.3.2019)