Wien – Beim Pressefoyer nach dem fünfzigsten Ministerrat von Türkis-Blau geht es nicht nur um Flüchtlinge – diesmal bekommen auch die Medien, das rot-grüne Wien und die Diakonie ihr Fett ab. Auf der Tagesordnung von Kurz, Strache und Co steht Mittwochfrüh allem voran die Ausgestaltung der neuen "Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen" für Asylwerber, die Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) später der Einfachheit halber nur "BBU" nennen wird.

"Bitte das nicht als Medienkritik zu verstehen!", sagte Kanzler Kurz beim Ministerrat – und rügte danach die "Falschinformationen" über die Parteienförderung.
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Zuvor insistiert der Kanzler vor den anwesenden Journalisten – "bitte das nicht als Medienkritik zu verstehen!" – recht bestimmt auf einer "Richtigstellung" zur Parteiförderung und ersucht, "keine Falschinformationen" unters Wahlvolk zu bringen. In den frühen Morgenstunden habe Ö3 nämlich verkündet, dass die Regierung die Parteienfinanzierung anheben wolle und dass die Opposition dagegen sei, beschwert sich Sebastian Kurz (ÖVP).

Hintergrund: Im Verfassungsausschuss beschließen die Koalitionsparteien am selben Tag zwar tatsächlich die Anhebung der Parteienförderung, doch nicht wie im Gesetz unter roter Kanzlerschaft festgelegt um 7,8 Prozent, sondern bloß um zwei Prozent (Details siehe Infobox unten).

Was Kurz nicht dazusagt: Noch im Jänner hat er sich höchstpersönlich für ein Aussetzen der Erhöhung ausgesprochen, dafür nennt er die Berichterstattung des ORF-Radios jetzt "die ultimative Form der Falschinformation". Vizekanzler Heinz-Christian Strache nickt – auch er begehrt eine "Klar- und Richtigstellung".

Effizienzsteigerung gefragt

Weiter im Text geht es um die Bundesagentur für Menschen im Asylverfahren, von der sich Strache "eine Effizienzsteigerung", "Qualität"und "Objektivität" erwartet – damit rund um die Asylberatung künftig "kein Geschäftszweig" aufgebaut werden kann.

Doch bevor der Vizekanzler an den ressortzuständigen Kickl übergibt, setzt er noch zu einer minutenlangen Rede über das umstrittene, aber ohnehin für zwei Jahre gestoppte Hochhaus-Projekt am Heumarkt im dritten Bezirk an, die man fast schon als Wahlkampfrede für die 2020 anstehende Wahl in Wien auffassen könnte. Am Ende seiner Ausführungen hält Strache in Richtung der rot-grün regierten Bundeshauptstadt fest: "Das Projekt am Heumarkt ist gestorben!", denn notfalls werde es eine entsprechende Weisung des Bundes geben.

Seit dem Start der digitalen Amtsplattform gebe es bereits 12.000 registrierte Nutzer auf oesterreich.gv.at, frohlockte Wirtschaftsministerin Schramböck.
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Hier setzt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) mit einer kurzen Einlage fort – und zwar zur neuen digitalen Amtsplattform der Regierung für "alle Österreicherinnen und Österreicher". Neben ihr steht ein überlebensgroßes handyartiges Gebilde, auf dem Schramböcks Führerschein abgebildet ist, das offenbar versinnbildlichen soll, dass ab Ende des Jahres selbst diese Dokumente künftig auf Smartphones gespeichert werden und so bei Polizeikontrollen vorgezeigt können. Seit dem Start der Plattform gebe es bereits 12.000 registrierte Nutzer auf oesterreich.gv.at, frohlockt die Ministerin.

Substanzlose Kritik

Endlich übernimmt Kickl. Er sei überzeugt davon, dass "das Asylwesen eine hoheitliche Aufgabe" sei, doziert er über die "BBU", für die der Gesetzesentwurf bereits in Begutachtung geschickt wurde und mit der 2020 die bisherige Arbeit der Firma ORS und jene der NGOs abgelöst werden soll.

Kickl spricht von einem "Einsparungsvolumen von rund zehn Millionen Euro pro Jahr" bei der Grundversorgung des Bundes, zwei bis drei Millionen weniger soll bald die Rechtsberatung für Asylwerber kosten. Stattdessen rechnet der Minister mit einer steigenden Zahl an freiwilligen Rückkehrern, denn ein Verfahren bis zur zweiten Instanz koste derzeit im Schnitt 18.000 Euro.

Die Bedenken der Diakonie, dass damit "eine Blackbox" für Flüchtlinge drohe, geißelt Kickl als "substanzlos" – in Anspielung auf das bisherige Engagement der NGO im Flüchtlingswesen setzt er scheinbar verständnisvoll hinzu, er verstehe schon, dass "man keine Freude damit hat", wenn "man einen Geschäftspartner verliert".

Kein Schutz vor Arbeit

Abschließend zu der von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) angekündigten Arbeitspflicht für Asylberechtigte befragt, versteht es Kurz gekonnt, allfällige Dissonanzen mit dem blauen Koalitionspartner vom Tisch zu wischen. "Das System kann nicht dafür gemacht sein, dass Menschen nicht arbeiten wollen", sagt er etwa, und: Dabei ginge es sicher "nicht um Herkunft oder Hautfarbe".

Strache assistiert, dass es in Österreich 33.000 Asylberechtigte ohne Arbeit gäbe – und auch Kickl will noch einen Satz hinzufügen, nämlich: "Der Asylstatus schützt vor Verfolgung, aber er schützt nicht vor Erwerbstätigkeit", sagt er. "So habe ich die Sozialministerin verstanden." (Nina Weißensteiner, 20.3.2019)