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ÖVP und FPÖ sprechen über eine Abschaffung der Rundfunkgebühr und die Finanzierung des ORF aus dem Staatsbudget.

Foto: Gerhard Deutsch / KURIER / picturedesk.com

Reden wir doch offen über ein Ende der Rundfunkgebühren und die GIS, die diese eintreibt. Über den großen Wunsch von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und anderen Hardlinern in der Regierung, den ORF, wenn überhaupt, aus dem Staatsbudget zu finanzieren. Wie würden diese offenen Worte klingen?

FPÖ-Chef Strache könnte frei heraus sagen: Wir haben unsere eigene Medienwelt aufgebaut mit meiner Facebook-Seite mit 900.000 Abonnenten, mit unzensuriert.at, FPÖ-TV und befreundeten Medien wie "Wochenblick" oder krone.at. Wenn es überhaupt öffentlichen Rundfunk geben soll, dann mit unseren Vertrauensleuten besetzt. Und wir brauchen ein Zuckerl für Wahlen von EU bis Wien. Dass nun alle Menschen künftig den Rundfunk über Steuern mitzahlen, müssen wir ihnen ja nicht verraten.

Kanzler Sebastian Kurz und die Bundes-ÖVP könnten offen fragen: Wer braucht noch den ORF und seine oft mühsamen Fragen, wenn wir mit den Wählerinnen und Wählern über Facebook und Whatsapp direkt kommunizieren können? Wenn die "Krone" vom Kanzler begeistert ist, ebenso wie "Österreich/Oe24", der "Kurier" und manche Bundesländerzeitung? Wenn mir etwa ProSiebenSat1Puls4 gern eine Bühne bietet und Servus TV auf unserer Wellenlänge surft? Ist mit dem Thema ORF-Reform wirklich etwas zu gewinnen, selbst bei Abschaffung der GIS? Dann lassen wir doch lieber die Landeshauptleute gegen den FPÖ-Wunsch auf die Barrikaden steigen und sagen dem Regierungspartner dann, wir würden seinen Wunsch gern erfüllen – aber der Widerstand der Länder ist zu groß.

Wichtigste mediale Bühne

Die Landeshauptleute könnten offen sagen: Das ORF-Landesstudio ist unsere wichtigste mediale Bühne, bei dessen Besetzung können wir mitreden. Das lassen wir uns doch nicht für den blauen Traum von einem Wahlzuckerl schwächen oder gar zerstören! Außerdem: Woher bekommen wir vier bis 40 Millionen Euro im Jahr für Kulturförderung, Sportsubventionen oder Musikschulen, die uns die GIS-Abgaben derzeit einspielen?

"Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner etwa, medial gerade hyperaktiv gegen ORF und Gebühren, könnte sagen: Mein Medienhaus stützt sich wesentlich auf Einnahmen von Ministerien und anderen öffentlichen Stellen. Schön, wenn sich meine geschäftlichen Interessen mit den politischen der Regierung decken. Und wenn ich schon Ö3 oder ORF 1 nicht privatisiert übernehmen kann, ist jede Schwächung eines Konkurrenten in TV, Radio und Online willkommen. Und außerdem ist die GIS immer a G'schicht und für so viele Klicks gut wie Weltuntergang und Supermond.

ORF-Chef Alexander Wrabetz könnte sagen: Budgetfinanzierung ist super – dann fällt niemandem mehr auf, dass er oder sie für den ORF zahlt. Das bisschen mehr politischer Einfluss fällt nicht ins Gewicht. Doch wenn das ernste Kürzungen bedeutet, wird es mühsam. Da bräuchte ich eine fundamental neue, fokussierte Strategie für den ORF – und müsste sie umsetzen.

Und wir, das Publikum? Könnten sagen: Wir wollen nicht für den ORF zahlen – also keine GIS. Aber soll unser Steuergeld dort hineinfließen? Oder wollen wir überhaupt keinen ORF mehr? Kein Ö1, kein FM4, Ö3, ORF On, keine "ZiB", keine "Vorstadtweiber", kein "Willkommen Österreich", Wiener "Tatort"? Reichen ATV, Puls 4, Servus TV, Oe24 und Kronehit, Facebook und Instagram? Das sollten wir uns ehrlich überlegen. Und sagen. (Harald Fidler, 20.3.2019)