Das muntere Klagen im Krone-Komplex geht weiter.

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Wien – Die "Krone"-Hälfteeigentümerfamilie Dichand will die Mitgesellschafter auf Ausschluss aus der "Krone" klagen. Das kündigt Dichand-Anwältin Huberta Gheneff am Freitag im Gespräch mit dem STANDARD an. "Wir werden eine Ausschlussklage einbringen und werden die Funkes als lästigen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausschließen lassen wegen zahlreicher Treuwidrigkeiten allein in ihrem eigenen Interesse und auf Kosten der Gesellschaft", sagt Gheneff dem STANDARD.

Spesenvorwürfe an Dichand

Der aktuelle Anlass: Die Funke-Gruppe – nun mit dem österreichischen Immobilientycoon René Benko an Bord – betreibt die Entlassung von "Krone"-Herausgeber, -Geschäftsführer und -Chefredakteur Christoph Dichand. "Österreich/Oe24" berichtet am Freitag, die Funke-Gruppe werfe Dichand vor, er habe Spesen für private Zwecke eingesetzt.

Die Vorwürfe laut "Österreich": Dichand habe Spesen für Aufenthalte in Lech am Arlberg, die privaten Charakter gehabt hätten, dem Verlag verrechnet, ebenso Flüge der Familie mit Privatjets und 20.000 Euro Spesen für Anreise und Aufenthalt bei Schiedsgerichtsverfahren gegen die Funke-Gruppe in Zürich. Auch den von der "Krone" gestellten Chauffeur habe Dichand für private Fahrten der Familie eingesetzt. Wirtschaftsprüfer von Deloitte würden die Belege prüfen.

Dichand-Anwältin will "Österreich" klagen

Dichand-Anwältin Gheneff erklärt dazu, die Vorwürfe seien "absurd" und "kreditschädigend" und würden "gerichtliche Folgen haben". Sie hoffe für "Österreich/Oe24"-Herausgeber Wolfgang Fellner, dass ihn seine Quellen in der Sache schad- und klaglos halten würden.

Die Funke-Gruppe habe Dichand "mit alten Rechnungen konfrontiert und Vorwürfe erhoben, die haarsträubend sind", sagt Gheneff. Sie seien "mehrfach geprüft und als betriebsnotwendig im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Chefredakteurs anerkannt". Für den Finanzbereich in der "Krone" und in der Mediaprint sei zudem seit Jahren der von der Funke-Gruppe entsandte Geschäftsführer zuständig. "Will die Funke-Gruppe ihrem Geschäftsführer unterstellen, er habe da kollusiv mit Herrn Dichand zusammengearbeitet?"

"Österreich/Oe24" berichtet, die Funke-Gruppe wolle Dichand auf Entlassung klagen. Das sei juristisch nicht möglich, erklärt Gheneff dazu. Sie dementiert auch, dass der von der Funke-Gruppe in "Krone" und Mediaprint entsandte Geschäftsführer Christoph Niemöller einer Entlassung Dichands bereits zugestimmt habe, wie "Österreich/Oe24" berichtet.

Benko an Bord

Der Streit zwischen den "Krone"-Gesellschaftern Dichand und Funke-Gruppe wird befeuert vom Einstieg des Immobilienmilliardärs Benko: Er hat Ende 2018 vorerst einen Minderheitsanteil an jener Gesellschaft übernommen, in der die deutsche Mediengruppe Funke ihre Beteiligungen an "Krone" und "Kurier" gebündelt hat.

"Finanzjongleure mit verklärten Vorstellungen"

"Die Funke-Gruppe beabsichtigt schon seit langer Zeit den Totalausstieg aus dem österreichischen Zeitungsmarkt", sagt Gheneff im Gespräch mit dem STANDARD. "Das ist aber aufgrund der Verträge nicht so einfach. Sie versucht also, die Verträge zu brechen, um ihre Anteile möglichst teuer an Finanzjongleure zu verkaufen, die noch nie ein Medienunternehmen geführt haben." Nachsatz der Dichand-Anwältin: "Die haben vielleicht verklärte Vorstellungen von der Unabhängigkeit der 'Kronen Zeitung'."

Die Funke-Gruppe versucht ihre Syndikatsverträge mit den Dichands (neuerlich) bei einem Schiedsgericht nach Schweizer Recht zu kündigen. Die Syndikatsverträge räumen den Dichands millionenschwere Gewinngarantien ein, für die Mitgesellschafter Funke-Gruppe nötigenfalls aufzukommen hat. Die Verträge räumen den Dichands auch Vorrechte etwa in der Redaktion ein. Noch im März tagt das Schiedsgericht dazu, eine Entscheidung dürfte aber noch dauern.

Ein Ende der Vorrechte ist nach unbestätigten STANDARD-Infos auch Bedingung Benkos für eine Komplettübernahme der "Krone"-Anteile von der Funke-Gruppe. Nach Ansicht der Dichands sind die Vorrechte unmittelbar an die Gesellschaftsverträge der "Krone" geknüpft und nur mit ihnen zu kündigen.

Hat die von Gheneff angekündigte Klage auf Ausschluss der Funke-Gruppe (und damit auch Benkos) Erfolg, würde sich diese Streitfrage erübrigen. Auch eine Ausschlussklage – ob über das Handelsgericht oder wieder über ein Schiedsgericht nach Schweizer Recht – braucht voraussichtlich Monate bis Jahre.

Update um 12 Uhr: Dichand-Stellungnahme

Via Presseaussendung bestätigte am Freitag auch "Krone"-Herausgeber, -Geschäftsführer und -Chefredakteur Christoph Dichand die Ausschlussklage und ließ wissen, dass er die "Pressefreiheit und Unabhängigkeit der 'Kronen Zeitung' mit aller Kraft verteidigen" werde. "Dies ist ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Krone und ihrer Redaktion – und damit letztlich auch auf die Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein Fundament unserer Demokratie. Daran ändern auch Finanzinvestoren nichts, die die Krone unter ihre komplette Kontrolle bringen und ein laufendes Schiedsverfahren negativ beeinflussen wollen. Ich habe eine Verantwortung für die Arbeitsplätze der Redakteurinnen und Redakteure und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses. Diese Verantwortung werde ich wahrnehmen", so Dichand.

Und weiter: "An die Adresse jener, welche die Macht über die größte Tageszeitung des Landes erlangen wollen, sei unmissverständlich gesagt: Die Krone ist kein Spekulationsobjekt, sondern eine unabhängige Zeitung. Die Sicherstellung dieser Unabhängigkeit ist ein Vermächtnis und Auftrag meines Vaters. Ich nehme diese Verpflichtung ernst und werde sie gemeinsam mit der Redaktion mit aller Kraft verteidigen."

Update um 14.48 Uhr

Die deutsche Funke-Mediengruppe wollte die Auseinandersetzung mit der Familie Dichand am Freitag nicht kommentieren. Unterstützung erhält "Krone"-Chefredakteur und Herausgeber Christoph Dichand indessen vom Betriebsrat und vom Redaktionsbeirat der Zeitung, die ihm in einer gemeinsamen Stellungnahme "nachdrücklich" das Vertrauen aussprachen.

"Die Krone hat sich unter seiner Führung in schwierigen Zeiten äußerst erfolgreich behaupten können", heißt es in der der APA übermittelten Stellungnahme. Dichands Abberufung würde der Zeitung "enormen Schaden zufügen". Die Unabhängigkeit der Krone müsse auch in Zukunft oberste Priorität haben und wäre durch dieses Vorgehen massiv gefährdet, so der Betriebs- und der Beirat der Zeitung. (Harald Fidler, 22.3.2019)