Das EU-Parlament stimmt für Urheberrecht mit Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht ab.

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Das Ende des Internets, wie wir es kennen, droht. Davor warnen die Gegner der EU-Urheberrechtsreform eigentlich schon seit Monaten, immer und immer wieder. Die meisten von ihnen gehören jener Generation an, die mit einem offenen Internet aufgewachsen ist: einem Internet, in dem es einen Log-in und wenige Klicks braucht, um Inhalte zu teilen. Einem Ort, an dem viel Kreativität durch Einzelne entsteht.

Um das zu bewahren, unterzeichneten mehr als fünf Millionen Europäer eine Petition, die sich klar gegen die Pläne des EU-Parlaments aussprach. Allein am vergangenen Samstag gingen europaweit rund 200.000 vor allem junge Menschen auf die Straße, um ihre Bedenken deutlich zu machen. Zuvor demonstrierten Tausende in mehreren Städten spontan.

Ihre Ablehnung richtet sich primär gegen Artikel 13 – in der Richtlinie nunmehr Artikel 17. Darin werden neue Vorgaben für Internetplattformen festgesetzt, die laut Netzaktivisten, Internetpionieren und führenden Urheberrechtsinstituten nur anhand eines Uploadfilters umgesetzt werden können. Konkret heißt das, dass Inhalte künftig noch vor ihrer Veröffentlichung auf Verstöße geprüft werden müssen.

Wie fehlerhaft solche Systeme sind, zeigt der bestehende Google-Filter schon jetzt. Regelmäßig beschweren sich Kanalbetreiber auf Youtube darüber, dass ihre Videos unrechtmäßig gesperrt wurden. Außerdem werden Start-ups Probleme haben, die teuren Vorgaben zu erfüllen. Ein großer Teil der Inhalte, die Nutzer veröffentlichen, könnte fälschlicherweise gesperrt werden, weil Betreiber aus Angst vor Klagen ihre Systeme lieber zu scharf als zu locker einstellen dürften. Zudem befürchten Kritiker, dass die meisten Firmen sich Filtersysteme von den großen IT-Konzernen kaufen werden, da diese solche bereits einsetzen.

Schwammiger Gesetzestext

Dazu kommt ein verheerendes Gefahrenpotenzial für die Meinungsfreiheit in Europa: Sind Uploadfilter einmal installiert, müssen sie nicht zwingend "nur" gegen Urheberrechtsverletzungen eingesetzt werden. Schon jetzt arbeitet die EU an Uploadfiltern für Terrorinhalte, auch andere Filter sind möglich.

Statt all diese Bedenken ernst zu nehmen, entschieden sich viele konservative EU-Parlamentarier dazu, Kritiker als "Bots" oder "gekaufte Demonstranten" zu diffamieren, die von großen IT-Konzernen losgeschickt worden seien, um gegen die Pläne zu lobbyieren. Welche Relevanz Plattformen wie Youtube für eine ganze Generation haben, ist für viele Abgeordnete hingegen nicht nachvollziehbar – und das ist kein Wunder: Das Durchschnittsalter im Europaparlament lag 2018 bei 51 Jahren.

Dabei ist klar, dass das Urheberrecht erneuert werden muss. Das stellt niemand infrage. Es gibt viele kluge Vorschläge, die auch ohne Uploadfilter auskommen. Stattdessen beharrte man ohne jeglichen Kompromiss auf einem schwammigen Gesetzestext, der Europas Internet hinter eine potenzielle Zensurinfrastruktur stellt und der Jugend ihre digitale Heimat raubt. Das EU-Parlament stimmte im Plenum dagegen, Änderungsvorschläge in Bezug auf die umstrittenen Artikel überhaupt zu diskutieren.

Die Reform, die am Dienstag vom EU-Parlament eine Zusage erteilt bekommen hat, ist vor allem eines: ein Mittelfinger an die Jugend Europas. In einer Zeit, in der viele Menschen skeptisch gegenüber der EU sind und in der sich Nationalismus verbreitet wie ein Lauffeuer, ist das eine politische Tragödie. (Muzayen Al-Youssef, 26.3.2019)