May will es noch einmal wissen.

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London – Elfmal Nein ist nicht genug: Ganze acht Vorschläge über eine alternative Gestaltung des Brexits hat das britische Unterhaus am Mittwochabend abschlägig behandelt, schon zuvor hatte es zweimal den Brexit-Deal von Premierministerin Theresa May mit der EU und einmal einen Ausstieg aus der Union ohne Deal abgelehnt. Das zwölfte Votum, hofft die Regierung, soll nun endlich Glück bringen.

May will erneut ihren Deal mit Brüssel zur Abstimmung bringen, weil sie sich vom jüngsten Umschwenken mehrerer konservativer EU-Gegner beflügelt fühlt. Parlamentspräsident John Bercow hat aber mehrfach betont, dass er eine neue Abstimmung über den gleichen Text nicht zulassen will. Die Regierung verbrachte nun den Donnerstag damit, Umgehungsmethoden auszuhecken. Rausgekommen ist eine Art Minimalversion, die zumindest die Bedingungen der EU erfüllbar machen soll. Diese hatte ja beim Gipfel vergangene Woche von London verlangt, entweder bis zum 12. April das Austrittsabkommen zu bestätigten oder "alternative Vorschläge" zu machen, wenn man nicht an diesem Tag ohne Deal aus der Union fliegen wolle.

Bercow hat bisher unter Berufung auf eine 415 Jahre alte Regel, wonach ein und dieselbe Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann, eine solche neuerliche Abstimmung nicht zugelassen, sollte sich der Vorschlag nicht "substanziell" von den beiden vorherigen Versuchen unterscheiden.

Vorlage soll Anforderungen genügen

Die Vorlage, die nun zur Abstimmung kommen soll, umfasst nur das Austrittsabkommen, nicht die politische Deklaration über die künftige Beziehung der EU mit Großbritannien. Bercow gab sich damit zufrieden. Wenn dem Antrag am Freitag eine Mehrheit der Abgeordneten zustimmt, wird in der Folge über das eigentliche Gesetz über den Brexit-Deal abgestimmt.

Die Premierministerin hatte am Donnerstag ihren baldigen Rücktritt angeboten, sollte das Abkommen im Unterhaus doch noch angenommen werden. Etliche Widersacher in ihrer Konservativen Partei gaben ihren Widerstand daraufhin auf. Noch nicht von Erfolg gekrönt waren allerdings Versuche, die DUP zu überzeugen. Mays Minderheitsregierung hängt von den zehn Stimmen der nordirischen Protestantenpartei ab, sie muss daher auch auf Unterstützung aus der Opposition hoffen.

Frist läuft ab

Die Zeit drängt: Diesen Freitag läuft eine von der EU gesetzte Frist ab. Sollte das Brexit-Abkommen bis zum Abend nicht angenommen sein, muss May eine Verlängerung über den 22. Mai hinaus beantragen, wodurch Großbritannien aber zumindest an der EU-Wahl teilnehmen und vermutlich auch weitere Zugeständnisse machen müsste, um die Zustimmung der EU zu erhalten. Andernfalls droht Großbritannien schon am 12. April ein Austritt ohne Abkommen.

Die britischen Abgeordneten hatten am Mittwoch über acht Alternativen zum Brexit-Kurs der Premierministerin abgestimmt – doch hatte kein Vorschlag eine Mehrheit bekommen. Sehr klar war aber die Ablehnung der Variante, zum neuen Brexit-Termin 12. April ohne Vertrag aus der Union auszuscheiden. Am Montag sind weitere Abstimmungen geplant.

Die EU-Kommission forderte London nochmals auf, eine klare Linie beim Brexit zu finden. Mit Blick auf die Voten des britischen Parlaments über das mögliche Vorgehen beim EU-Austritt sagte ein Kommissionssprecher am Donnerstag: "Wir haben gestern Abend acht Neins gezählt. Wir brauchen jetzt ein Ja zum Weg nach vorn."

Kurz ungeduldig

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte nach den neuerlichen erfolglosen Abstimmungen ebenfalls seine wachsende Ungeduld: "Fast drei Jahre nach dem Brexit Referendum ist es nun an der Zeit, auch einmal für und nicht nur immer gegen etwas zu sein", erklärte Kurz. "Die Bürgerinnen und Bürger sowohl der restlichen EU-Mitgliedsstaaten als auch Großbritanniens sowie die Unternehmen erwarten sich zu Recht so rasch wie möglich Gewissheit darüber, wie es nun weitergehen soll." Ein harter Brexit würde der EU, aber noch viel mehr Großbritannien schaden und müsse daher vermieden werden, so der Kanzler: "Wir als EU-27 hoffen weiterhin noch auf eine Zustimmung zum Austrittsabkommen." (mesc, red, APA, 28.3.2019)