Das ist wirklich traurig: Jetzt sind auch noch die Identitären von der türkis-blauen Regierung enttäuscht! Wo sich deren blaue Hälfte mit wohlwollender Unterstützung der türkisen doch ehrlich bemüht, den großen Austausch der Völker wenigstens ausweisungsbehördlich zu behindern, nachdem erste Konzentrationsversuche zum Scheitern verurteilt waren. Und das alles nur, weil ein Bruder in identitärem Geist seiner diskreten Spendenfreude freien Lauf ließ, ehe er sein Gesicht als rassistischer Massenmörder öffentlich zur Schau stellte. Der Empfänger der Spende ist aber ungerecht, wenn er beim Vizekanzler und österreichischen Rekordhalter im Distanzieren von sich selbst einen Einstellungswandel zu erkennen glaubt. Bloß wegen einer Spende, gegen die man sich nicht wehren kann, soll die freiheitliche "Bewertungsgrundlage" plötzlich anders sein als vor drei Jahren am gemeinsamen Wirtshaustisch?

Kein Grund zu Besorgnis, morgen warnt er uns wieder brav identitär vor Gefahren des Linksextremismus. Der Führer der Identitären hält das zu Recht für einen "hilflosen Versuch, auf die Empörungsmaschinerie, die wir gerade erleben, zu reagieren". Wie viel Hilflosigkeit demonstriert da erst der Kanzler mit seiner Forderung nach einer Auflösung der Identitären! Der hat zwar schon länger etwas gegen Experten, aber diese Abneigung gegen Experten in Rechtsextremismus kommt angesichts einiger Mitglieder seiner Regierung doch etwas überraschend. Sebastian Kurz setzt offenbar darauf, mit der ebenso unlogischen wie unhaltbaren Forderung nach einem Vereinsverbot einem Ruf als Förderer des Rechtsextremismus entrinnen zu können. Bisher hat man bei ihm von Abneigung gegen die identitäre Geisteshaltung öffentlich nichts bemerkt. Nun soll wegen einer Spende, an der zum Zeitpunkt, zu dem sie erfolgte, auch für den Empfänger zwar Sympathie für seine offiziell geduldete Ideologie, aber nicht Schlimmeres erkennbar war, sein Verein aufgelöst werden? Vielleicht sollte Kurz einmal die Liste seiner Spender überprüfen.

Scheinheiliges Verbot

Die Forderung, die Identitären jetzt aufzulösen, ist eine Panikreaktion, die Zweifel an den Führungsqualitäten des Regierungschefs aufkommen lässt, vor allem aber soll sie offenbar eine Ablenkung von der Tatsache sein, dass es seine Regierung ist, die mit ihrer Sozial- und ihrer Ausländerpolitik den Nährboden für Gesinnungen bereitet, die nun per Vereinsverbot bekämpft werden sollen. Es wird als Politik für Österreicher zuerst verkauft, wenn ständig ein Teil der Bevölkerung gegen andere Teile ausgespielt wird, so als würde es dem einen Teil besser gehen, wenn es nur dem anderen schlechter geht. Gefördert wird ein Klima des Hasses, in dem freiheitliche Politik gedeiht, mit ausdrücklicher Zustimmung des Kanzlers, dessen Koalition daran hängt.

Die Forderung nach Vereinsverbot ist scheinheilig, weil sie einen Kampf gegen jenen Rechtsextremismus vortäuscht, der als Regierungsmaxime längst Garant für die Kanzlerschaft von Kurz geworden ist. Der Angst der Identitären vor einem großen Austausch wäre die Forderung nach einem solchen entgegenzuhalten – in der Regierung. Aber den Mut hat Kurz nicht. (Günter Traxler, 28.3.2019)