"Misstrauen empfiehlt sich allerdings, wenn die Quellen des Reichtums über Nacht entstehen und im Halbdunkel liegen": Die "Krone" Richtung René Benko (Bild) und Sebastian Kurz.

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Geht es Ihnen auch so? Nachts nicht mehr schlafen zu können in der brennenden Erwartung auf die Sonderausgabe "60 Jahre Kronen Zeitung"? Kein Aufwand ist zu groß! wurde versprochen, und der Chefredakteur löste in seinem sonntäglichen Kommentar dieses Versprechen mit Drohung ein, das Gespenst namens "Krone"-Geist werde auch fürder im Lande Schrecken verbreiten. Es wird ein Rück- wie Ausblick und eine Bestandsaufnahme. In hoher Dosis spürbar sein wird bei der Lektüre das, was den "Krone"-Geist ausmacht: Mut. Haltung. Unabhängigkeit.

Einen Vorgeschmack lieferte der Herausgeber mit einem Bekenntnis, bei dem sich die Balken bogen: "Unabhängigkeit kann man nicht kaufen!" Gut war auch: Wenn finanzielle Interessen im Vordergrund stehen, wie es bei Konzernen der Fall ist, dann ist die Unabhängigkeit in Gefahr. Sonst nie.

Klassenkämpfer Christoph Dichand

Sozialdemokraten könnten sich an der Entschlossenheit des Klassenkämpfers Christoph Dichand ein Beispiel nehmen. Einen Kahlschlag durch Finanzinvestoren werde ich nicht zulassen. Logisch, dass da den Plänen eines Immobilieninvestors nur eine Absage erteilt werden kann. Und damit eines klar ist: "Ein Verkauf der "Krone" käme für unsere Familie nie infrage, eher ein Zukauf."

Eventuell "Österreich"? Dort hielt sich der Herausgeber nur noch per Schnappatmung am Leben. "Spesen-Vorwürfe gegen "Krone"-Chef identifizierte er als Mega-Krimi um "Kronen Zeitung". Der Herausgeber als Spesenritter? Wolfgang Fellner geriet ins Schwärmen. Zuletzt wanderte der bekannte Ex-Bertelsmann-Geschäftsführer Thomas Middelhoff in einem ähnlichen Fall sogar mehrere Jahre ins Gefängnis, weil er Privat-Jets und Spesen missbräuchlich verwendet hat.

Der "Krone"-Geist

Ohne der Justiz in den Arm fallen zu wollen, kann man nur hoffen, dass Dichand am Erscheinungstag der Jubiläumsausgabe noch auf freiem Fuß ist. Der Chefredakteur käme sonst in die größte Verlegenheit den Leserinnen und Lesern des Blattes zu erklären, was den "Krone"-Geist ausmacht.

Vorbeugend machte sich Montag Claus Pándi als Experte für ehrliche Arbeit im Immobilieninvestment an eine redaktionelle Pflichtübung. Misstrauen empfiehlt sich allerdings, wenn die Quellen des Reichtums über Nacht entstehen und im Halbdunkel liegen. Leicht erworbenes Vermögen kann zu einem leichtfertigen Umgang damit verleiten. So ein Krösus aus dem Nichts ist ein gefährlicher Geselle.

Krösus aus dem Boulevard

Bei einem Krösus aus dem Boulevard ist es etwas anderes, er ist gegen Gefahren gefeit: Solche Zeitgenossen sind oft zerrissene Personen. Einerseits fühlen sie sich unbesiegbar, andererseits werden sie ganz tief im Inneren von Scham geplagt. Das ist bei Dichands noch nie aufgefallen, was beweist, es kann sich bei ihnen nicht um zerrissene Zeitgenossen handeln. Und schon gar nicht um Kanalräumer. Im Glauben, sich den Lebenstraum echter Geltung erfüllen zu können – dem Pándi mit seiner Analyse nachhing -, greifen solche letztlich bedauernswerten Menschen tief in die Finanzkanäle.

Wo der Griff in den Boulevardkanal ewige Werte schafft, schaffen sie sich selten Denkmäler, die den Stürmen der Geschichte standhalten. Und das auch noch im Halbdunkel und von Scham geplagt.

Niemand blickt so tief ins menschliche Herz

Niemand blickt so tief ins menschliche Herz wie ein Pándi. So kann er vor solchen Freunden warnen, vor denen sich Persönlichkeiten in gesellschaftlich verantwortungsvollen Positionen tunlichst fernhalten. Leider geht die Apotheose, in die sich Pándi schließlich domestikenhaft steigert, ein wenig in die Hose, könnte sein Herausgeber sie doch auch auf sich beziehen: Mag das Gold noch so glänzen, am Ende kann das Gewicht des Plunders ein im Nebel mächtig wirkendes Schiff versenken.

Nun liegt es in der Hand inseratenvergebender Regierungsstellen, dafür zu sorgen, dass das Gewicht des Plunders auf dem mächtig wirkenden Schiff kein Unheil stiftet. Es wirkt ja nur mächtig. Das vor allem bei jenen Lesern, die sich vom Chefredakteur vorschreiben lassen, was sie – ein geschlossener Verdauungskreislauf – in ihren Leserbriefen als das freie Wort wiederkäuen. Der "Kronen Zeitung" muss jeder Leser respektvoll zugestehen, dass sie als einzige Tageszeitung erkannt hat, dass eine multikulturelle Gesellschaft nicht verordnet werden kann. Aus Kärnten

Aber auch Pándis Botschaft kam an. Was nimmt sich dieser Benko eigentlich heraus, der glaubt auch, mit Geld kann man alles haben? Na ja, er greift eben tief in die Finanzkanäle. (Günter Traxler, 30.3.2019)