Wien – "Das ist mein Land, du Hure", schreit eine ältere Frau eine 25-jährige Frau an, die neben ihr im siebenten Bezirk auf eine Straßenbahn wartet. Es war nicht die erste Beschimpfung, die die in Wien geborene Designerin, die am vergangenen Samstag gerade auf dem Weg ins Fitnesscenter war, von der Frau zu hören bekommen hatte. Doch an diesem Punkt hatte sie begonnen, mit ihrem Handy mitzufilmen, was ihr da an rassistischen Ungeheuerlichkeiten an den Kopf geworfen wurde.

"Die FPÖ schmeißt euch alle raus, die FPÖ schmeißt solche primitiven Tiere wie dich raus, du freches Schwein", schreit die auf einer Bank der Haltestelle sitzende Frau weiter, und: "Setz dich, du Hund, auf den Boden, wos d' hingehörst".

Ein Passant, der der jungen Muslimin, die anonym bleiben will, zur Hilfe kommt, wird auch gleich beschimpft – als Sandler.

Eine ältere Dame überschüttete eine junge Muslimin bei einer Straßenbahnhaltestelle am Samstag verbal mit Hass.

Die schockierte Frau schickte das Video ihrer Freundin Asma Aiad, die sich als Anti-Rassismus-Aktivistin schon mehrmals öffentlich Gehör verschaffte und über die alltäglichen rassistischen Diskriminierungen, die Frauen mit Kopftuch in Wien erleben, berichtete. Zuletzt sprach Aiad auf der regierungskritischen Donnerstagsdemo vor zwei Wochen nach dem rassistischen Attentat in Christchurch. Dabei las sie Berichte über Übergriffe auf muslimische Frauen in Wien vor.

Aiad teilte das Video auf ihren Accounts auf Facebook und Instagram am Samstag, wo es bald mehr als tausend Mal geteilt wurde.

Schockiert und traurig

Ihre Freundin sei immer noch schockiert und traurig und wolle nicht selbst mit Medien sprechen, erzählt Aiad dem STANDARD. Allerdings gebe es auch einen positiven Aspekt an der Geschichte: "Als die Straßenbahn kam und die schimpfende Frau einstieg, sind viele Menschen gar nicht mit eingestiegen, sondern bei meiner Freundin geblieben, haben versucht, sie zu beruhigen, ihr Taschentücher gegeben und sie getröstet".

Provoziert habe die ältere Frau lediglich der Umstand, dass eine Frau ein Kopftuch trug. Aiad erzählt auch, dass ihr infolge der Veröffentlichung des Videos mehrere Leute geschrieben hätten, dass ihnen die Frau auch schon aufgefallen sei. So habe sie auch in einer U-Bahn Menschen beschimpft, etwa weil sie Rumänisch oder Hebräisch sprachen.

Für Aiad, die auch bei der muslimischen Jugend aktiv ist, ist der aktuelle Fall nun Anlass, eine Crowdfunding-Kampagne für ein Projekt zu starten, bei dem Frauen bei jeder Art von rassistischer Attacke schnell rechtlich und auch psychologisch unterstützt und gestärkt werden sollen. "Viele wissen nicht einmal, dass man solche Beschimpfungen anzeigen kann", sagt Aiad, "sie sind schockiert und haben einfach Angst." Hier gebe es dringenden Handlungsbedarf, so Aiad. (Colette M. Schmidt, 31.3.2019)