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Im Vorjahr verdreifachte sich die Zahl an beschlagnahmten Arzneimitteln.

Foto: AP Photo/Richard Drew

Wien – Der österreichische Zoll hat im vergangenen Jahr eine Rekordmenge an illegalen und gefälschten Medikamenten aus dem Verkehr gezogen. Oft handelt es sich dabei um Potenzmittel wie das nicht zugelassene "Kamagra". Insgesamt rund 1,2 Millionen Schmuggel- und Plagiatsarzneiwaren wurden 2018 beschlagnahmt, geht aus dem jährlichen Produktpirateriebericht hervor. Das ist mehr als eine Verdreifachung.

"Der Rückgang bei den gefälschten Medikamenten – dabei handelt es sich hauptsächlich um Potenzmittel – und der gleichzeitige Anstieg bei den anderen illegalen Medikamenten liegt vor allem daran, dass der Patentschutz von Tadalafil, einem Wirkstoff, der gegen Erektionsstörungen eingesetzt wird, 2017 ausgelaufen ist. Ohne Patentschutz sind solche aufgegriffenen Arzneimittel zwar noch illegale, aber nicht mehr gefälschte Medikamente", erklärte der Produktpiraterie-Experte im Finanzministerium, Gerhard Marosi, am Donnerstag in einer Aussendung, dass es auch bei Fälschern einen Trend zu "Generika" gibt.

Fast alle Medikamente aus Indien

Mehr als 95 Prozent der aufgegriffenen Medikamentenfälschungen kamen 2018 aus Indien. Am 14. November 2018 stoppte der Zoll am Flughafen Wien beispielsweise einen 42-Jährigen Inder, der mit 33.000 Stück Arzneiwaren in seinen beiden Reisetaschen einreisen wollte. Unter den Medikamenten befanden sich zum größten Teil Potenzmittel sowie Nahrungsergänzungsmittel, die in Österreich nicht zugelassen sind.

Das Finanzministerium warnt davor, gefälschte Medikamente im Internet zu bestellen. "Nachgemachte, wirkungslose Medikamente oder gefälschte Arzneimittel, die mit Schadstoffen verunreinigt sind, in Umlauf zu bringen, ist nicht nur kriminell, sondern bringt Menschen auch in Lebensgefahr", so Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ). Das für den Zoll zuständige Finanzressort legt den Produktpirateriebericht jedes Jahr dem Nationalrat vor.

Verunreinigte Medikamente

Darin heißt es, die Bedingungen, unter welchen gefälschte Medikamente produziert, gelagert und transportiert werden, würden nicht annähernd den geltenden Standards der Pharmaindustrie entsprechen. Das Ergebnis seien oft mit Schadstoffen verunreinigte Medikamente oder Arzneien, die über- oder unterdosiert sind, oder solche, die überhaupt wirkungslos sind. Vertrieben werden diese Fälschungen den Angaben zufolge über Online-Portale, die den Konsumenten Echtheit und Seriosität vortäuschen. Tatsächlich stünden hinter diesen illegalen Machenschaften vor allem die organisierte Kriminalität, die keinerlei Rücksicht auf den gesundheitlichen oder finanziellen Schaden für die betrogenen Kundinnen und Kunden oder die Folgekosten für die Gesellschaft nehme.

Der Medikamentenschmuggel betrifft auch Dopingmittel. So hat sich im Juli 2018 bei 16 Kartons mit einem Gewicht von 423 Kilogramm herausgestellt, dass es sich nicht wie angemeldet um elektrische Schalter handelt, sondern um 362.500 Tabletten und Ampullen verschiedenster Steroide. Weitere Nachforschungen hätten ergeben, dass diese Masche der Schmuggler zuvor bereits mindestens 22 Mal geklappt hat. Der Zoll geht daher davon aus, dass auf diese Weise mehr als 20 Tonnen Dopingmittel mit einem Warenwert von rund 23 Millionen Euro eingeschmuggelt und in der EU verteilt worden sind. Die Zollfahnder schalteten daraufhin neben dem von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) akkreditierte Labor Seibersdorf auch Europol ein. Die international laufenden Ermittlungen zu den Abnehmern dauern noch an, wie es im Produktpirateriebericht heißt.

Wenigere andere Fäschungen

Der Zoll beschlagnahmte 2018 auch 38.513 gefälschte Produkte mit einem Wert von insgesamt 2,6 Mio. Euro, gemessen am Originalpreis. Der Großteil davon stammt aus China und Indien. Am fälschungsanfälligsten sind dabei Uhren, Taschen, Schuhe, Kleidung und Handyzubehör sowie Spielzeug. Gegenüber 2017 waren die Aufgriffe stark rückläufig, als 254.712 Produkte im Wert von 13,7 Mio. Euro aus dem Verkehr gezogen wurden.

Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein, denn ein großes Problem für den Zoll sind Fälschungen, die über das Internet vertrieben werden. Der Online-Handel für den Verkauf von Fälschungen floriert. 2018 betrafen mehr als 88 Prozent aller aufgedeckten Fälle Kleinsendungen im Postverkehr oder durch Kurierdienste. (APA, 4.4.2019)