"Haben Sie je bei blassem Mondlicht mit dem Teufel getanzt?" fragt Jack Nicholson in seiner Rolle als Joker den verdutzten Bruce Wayne alias Batman in der gleichnamigen Verfilmung von Tim Burton aus dem Jahr 1989. Die Aussage kann man im weitesten Sinne metaphorisch und projektiv auch als Auseinandersetzung mit den eigenen negativen Facetten und Eigenschaften verstehen. Keine Angst, es soll nicht um die Diabolisierung und Stigmatisierung von Einzelnen oder Gruppen gehen. Es ist nicht schwer über andere zu urteilen, sie zu kategorisieren, sich von ihnen zu distanzieren oder den moralinsauren Zeigefinger zu erheben. In den selbstreflektiven Spiegel der Erkenntnis zu blicken und eigene oft auf andere projizierte negative Anteile zu erkennen und zu identifizieren, ist aber umso schwerer.

Alexander Von Karnstein

Das Böse

Das Böse ist laut dem Philosophen Friedrich Nietzsche des Menschen beste Kraft. Es ist untrennbar mit der Freiheit verbunden und der Mensch entscheidet über das, was gut und böse ist. Der Einfluss des Unbewussten und die damit verbundenen tiefenpsychologischen Instanzen "Ich", "Es" und "Über Ich" sind dabei wesentliche Akteure, was man im aktuellen Regierungskonflikt deutlich erkennen kann. Wenn das eigene "Es" aus dem Freud‘schen Strukturmodell der Psyche die Überhand gewinnt, kommt es oft zu interessanten Auswüchsen. Motive wie Angst, Unzufriedenheit oder Hass finden bewusst und unbewusst ihre Manifestation in Gedanken oder konkreten Handlungen. Das "Über Ich" in der Gestalt von Bundeskanzler Sebastian Kurz versucht nun das "Es" in Ausformung von Teilen der FPÖ in die Schranken zu weisen. Zwischen den Fronten steht das "Ich" in Form von Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Strache hat die Wahl sich brav dem "Über Ich" unterzuordnen oder sich nach den triebhaften Motiven seiner Partei zu richten. Wie ist ein derartiger Wertekonflikt im positiven Sinn aufzulösen?

Die österreichische Seele schlägt zu

Die Antwort ist nicht ganz einfach, denn fast könnte man sagen, die berühmte "österreichische Seele", einst beschrieben durch den Psychiater Erwin Ringel, schlägt aktuell in der österreichischen Innenpolitik voll zu. Es hagelt nahezu Distanzierungen und Abgrenzungen. Diese sind jedoch ein fast schon konditionierter Reflex sowie nur oberflächlich eine Lösung, da die eigenen Anteile, die man so klar beim als böse Identifizierten sieht, nicht aufgearbeitet werden. Eine wirkliche Aufarbeitung dauert und ist auch mit einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner politischen Bewegung verbunden, die auch einmal weh tun kann. Man unterschätzt nämlich wie leicht man sich, vielleicht nicht ganz bewusst, im so schnell bewerteten Gegenüber wiederfinden kann. Das Böse ist oft banal und Elemente davon in uns selbst zu finden ist die Königsklasse der Selbstreflexion.

Die Identitären sorgten für einen Konflikt in der Regierung.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Politische Personalentwicklung

Der Umgang mit schwierigen politischen Themen ist eigentlich das Nonplusultra der Politik. Da erscheint einem die offizielle Distanzierung vor den Kameras wie Brot und Spiele fürs Volk, während davon abgelenkt wird, dass dahinter lediglich ein großes Fragezeichen steht. Hierbei wird allerdings vergessen, dass die Menschen durchaus ein Gespür dafür haben, dass es sich dabei lediglich um ein Abspeisen in Form einer sozial erwünschten Handlung handelt.

Ein Lösungsansatz zur Qualitätssicherung in der Politik und auch zur Vermeidung von extremistischen Tendenzen in allen Bewegungen egal ob links oder rechts im politischen Wertespektrum wäre eine wirklich ernst gemeinte Form der politischen Personalentwicklung bezogen auf klare Kernparameter wie Persönlichkeit, soziale Kompetenz und auch Intelligenz bei der Auswahl und Weiterentwicklung der eigenen Funktionäre. Dies sollte für alle Parteien gelten ist aber leider eher eine Utopie als die Realität. Dieser qualitative Selektionsprozess würde zur Senkung der Politikverdrossenheit und vielleicht zu einem Anstieg der Wahlbeteiligung führen, wenn die bestgeeignete Person einen gesellschaftlich verantwortungsvollen Posten erlangte. Distanzierungen wären in diese Wunschvorstellung dann auch Geschichte. Ein derartiges Vorgehen der Qualitätssicherung in der Politik wäre, betrachtet man die kommenden EU-Wahlen und die zu erwartende geringe Wahlbeteiligung, im Gegensatz zum Streuen von ideologischen Versatzstücken und Floskeln, durchaus wünschenswert.

Künstliche Fronten zwischen links und rechts

Stattdessen werden wieder künstliche Fronten von beiden Seiten des politischen Spektrums zwischen Links und Rechts hochgefahren um ja nicht auf gesellschaftlich wirklich relevante Themen wie Altersarmut, eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung oder Arbeitslosigkeit  eingehen zu müssen und gar mangelndes Potenzial des eigenen Politpersonals zu kompensieren. Frei nach dem Prinzip Verdrängung, Abwehr und Kompensation. Eines steht jedoch einwandfrei fest. Von sich selbst und seiner Identität kann man sich letztendlich nicht distanzieren. (Daniel Witzeling, 15.4.2019)

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