Neos und Grüne kritisierten am Montag die Klimapolitik der Regierung.

Foto: APA/HANS PUNZ

Wien – Die Neos streben ein Klimatransparenzgesetz an, das Österreich als Wirtschaftsstandort stärken und für generationenübergreifende Klimagerechtigkeit sorgen soll. Das am Montag in Wien präsentierte Modell sieht eine jährliche Erstellung eines Klimabudgets (CO2-Budget) parallel zum Finanzbudget vor. Damit würde eine verpflichtende CO2-Folgeabschätzung von Gesetzen und Großprojekten einhergehen.

Michael Bernhard, Umweltsprecher der Neos, attestierte der Regierung, hinsichtlich der Klimapolitik "vollkommen versagt" zu haben. Vor allem die Entwicklung im Bereich der Energieeffizienz und des Verkehrs würde ihm Sorgen bereiten. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) habe Berührungsängste, die Mobilitätswende einzuleiten. Die angedachte Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h auf ausgewählten Teilabschnitten von Autobahnen würde laut Bernhard zeigen, dass "er die Problematik nicht verstanden hat".

Laut Weltklimavertrag habe Österreich von 2017 bis 2050 ein CO2-Budget von knapp 1.000 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. "Machen wir weiter wie bisher, dann stehen wir in zwölf bis 13 Jahren bei null", gab Bernhard zu Bedenken und verwies auf in der Folge fällige Kompensationszahlungen.

Für Wirtschaftsstandort gut

Um dem gegenzusteuern, brauche es laut Stefan Gara, Neos-Wien-Sprecher für Klimaschutz, mehr Transparenz und klare Verantwortungen in der österreichischen Klimapolitik. "Das wäre auch für den Wirtschaftsstandort Österreich gut", meinte Gara mit Verweis auf eine erhöhte Planungssicherheit für Unternehmen und mehr Handlungsspielraum für Innovationen und langfristige Projekte.

Das angedachte Klimatransparenzgesetz der Neos sieht eine Übersicht über das bis 2050 zur Verfügung stehende CO2-Budget vor. Aber auch eine Zuteilung maximal zulässiger CO2-Salden für verschiedene Sektoren und eine Vorschau auf die Folgejahre samt prognostizierter importierter CO2-Belastungen ist geplant. Das nationale CO2-Budget soll auf Landesbudgets heruntergebrochen werden. Das Modell sieht vor, dass zwischen einzelnen Bundesländern ein Transfer von CO2-Emissionen zulässig wäre, wenn etwa ein gemeinsamer wirtschaftlicher Nutzen von Großprojekten bestünde. Überschreitungen des Klimabudgets müssten durch Rücklagen abgedeckt werden, die wiederum bei einer Übererfüllung der Budgetansätze gebildet werden könnten.

Damit das Modell auch funktioniert, müssten sämtliche Gesetzesbeschlüsse, politische Maßnahmen und Infrastrukturprojekte ab einer gewissen Größe auf ihre direkten und indirekten Auswirkungen in Bezug auf CO2-Emissionen geprüft werden. Dass dies auch ohne großen Aufwand möglich wäre, machte Stefan Gara am "Vorzeigebeispiel" Oslo fest, wo bereits der Klimahaushalt parallel zum Finanzhaushalt verhandelt werde.

Kogler will bei Klimaschutz Druck auf Regierung erhöhen

Ach die Grünen wollen in Sachen Klimaschutz den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Denn Österreich sei beim Erreichen der Ziele ein "klimapolitischer Schurkenstaat", so der sich im EU-Wahlkampf befindliche Spitzenkandidat und Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler, am Montag. Sollte die "Unterlassungstäterschaft" beibehalten werden, drohten Strafzahlungen bis zu knapp zehn Milliarden Euro.

Heruntergerechnet könnten die Kompensationszahlungen, die Österreich bei Verfehlen der Pariser Klimaziele leisten muss, bis 2030 an die 1.000 Euro pro Einwohner ausmachen, erläuterte Kogler bei einer Pressekonferenz: "Damit sind wir in der Nähe der Löcher der Bankenskandale." Statt eines nationalen Klimaschutzplans ortete der grüne Bundessprecher lediglich ein "Klimaschutzloch".

Kritik an Kurz

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete er einmal mehr als "zukunftsvergessen". Und die FPÖ sei ohnedies dazu übergegangen, in Gesellschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und der Fossilien-Industrie die Existenz des Klimawandels zu leugnen. Kogler ortete von wissenschaftlicher Seite einen eindeutigen Befund für die österreichische Regierungspolitik – und der Tenor sei, dass es in diesem Bereich kein ausreichendes Leadership gebe. Als Referenz nannte er etwa den Geophysiker und Meteorologen Gottfried Kirchengast, Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz. Dieser sehe etwa als größte Barriere für den nationalen Klimaplan die "politische Blockade".

"Die Regierung geht mit jedem Schritt in die falsche Richtung", betonte Kogler. Freilich auch in Sachen Ökologisierung in der Steuerreform. Aus Sicht des grünen Bundessprechers seien mehrere Maßnahmen unabdingbar. Erstens müssten umweltschädliche Subventionen und Fehlinvestitionen eingestellt werden. Unter Letzteres ordnete Kogler etwa die Ausbaupläne für den Flughafen Wien oder schädliche Baumaßnahmen wie die Waldviertel- oder die Lobau-Autobahn ein. Auch gehöre die Pendlerpauschale umgebaut. Die durch diese Maßnahmen frei werdenden Gelder müssten für die Senkung der Abgabenquote verwendet werden. Das wäre dann ein ökosozialer Ansatz.

Kerosin-Förderstopp gefordert

Darüber hinaus erhob Kogler neuerlich die Forderung nach einem Subventionsende für Flugbenzin und Schiffsdiesel. Freilich habe eine derartige Maßnahme nur europaweit Sinn. Auch sollen ab 2030 in Österreich nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden, erneuerte Kogler eine alte Forderung. Die Industrie hätte schließlich elf Jahre Zeit, sich darauf einzustellen. (APA, 8.4.2019)